6. Sozialer Zusammenhalt in Gütersloh

6.1. Aktivierende Sozialpolitik – Vorsorge und Teilhabe

Verantwortungsvolle und erfolgreiche Sozialpolitik ist mehr als nur die Verwaltung von Arbeitslosigkeit und Armut und die korrekte und pünktliche Auszahlung von Sozialleistungen.

Sozialpolitik muss über die kommunale Daseinsvorsorge hinaus vielmehr dazu beitragen, dass alle Menschen die Chance haben, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Soziale Ausgrenzung aufgrund z. B. von Armut, Behinderung oder Herkunft wollen wir verhindern.

Die Gütersloher SPD fordert daher einen aktivierenden Sozialstaat, der das Selbsthilfepotenzial Bedürftiger stärkt und unterstützt. Vorbeugend tätige soziale Dienste und Einrichtungen tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, Notlagen und soziale Probleme bereits im Vorfeld zu bekämpfen oder zumindest abzumildern. Eine enge Verzahnung von Sozialpolitik, Wohnungspolitik und Stadtplanung verhindert, dass in benachteiligten Wohngebieten eine soziale Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird bzw. einen entsprechenden Trend zu stoppen.

Wir plädieren für Kooperationsmodelle mit Stadtteilarbeitsgemeinschaften, Sportvereinen, sozialen und ökologischen Verbänden sowie kulturellen Gruppen, um Menschen aus allen Gesellschaftsschichten eine Teilhabe zu ermöglichen. Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind ein wichtiger Kooperations-und Diskussionspartner für eine wirksame Sozialpolitik in Gütersloh.

Mit Selbsthilfegruppen arbeitet die Stadt vertrauensvoll zusammen und fördert ihre Tätigkeit materiell und ideell. Menschen mit Behinderungen haben mit dem Behindertenbeirat zusätzliche Ansprechpartner.

Unsere Stadt betreibt im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Die Stadt Gütersloh und ihre Tochterunternehmen bieten Arbeitslosen die Chance zur beruflichen Wiedereingliederung.

6.2. Bedeutung von Familien in der kommunalen Gemeinschaft

Die Menschen in Gütersloh leben friedlich, solidarisch und vorurteilsfrei miteinander. Frauen und Männer, Familien, Kinder, Jugendliche, Alleinstehende, ältere Menschen: Sie alle sollen in Gütersloh ihren Bedürfnissen entsprechend leben können.

Der Begriff der „Familie“:

„Familie“ sind alle Lebensformen, in denen mehrere Menschen füreinander sorgen:

  • Paare mit Kindern oder Jugendlichen
  • Alleinerziehende mit ihren Kindern
  • Menschen aus verschiedenen Generationen, die mit oder ohne verwandtschaftliche Beziehung Verantwortung füreinander tragen

Um familienpolitische Entscheidungen in Gütersloh immer wieder evaluieren und ändern zu können, benötigt Gütersloh einen regelmäßig fortgeschriebenen und vergleichbaren Familien- und Sozialbericht.

Nicht alle profitieren gleichermaßen von Entscheidungen. Deshalb stellen wir das Gemeinwohl in den Mittelpunkt unseres Handelns. Dabei muss die Entscheidungsfindung immer nachvollziehbar sein. In diesem Sinne sind wir zwar „nicht perfekt, aber dran“ – „dran“ an den Problemen, „dran“ an den bestmöglichen Lösungen für Gütersloh und seine Einwohnerinnen und Einwohner, damit wir entsprechend gerne und gut leben können.

Ein besonderes Augenmerk werden wir dabei auf die Teilhabe von Kindern, Jugendlichen und Senioren am gesellschaftlichen Leben legen.

6.3. Wohnen

Der Gütersloher Wohnungsmarkt ist seit Jahren äußerst angespannt. Vorrangiges Gebot ist:

  • die Schaffung neuen Wohnraumes und
  • der Erhalt des bestehenden Wohnungsbestandes

Das Ziel ist

  • – eine deutliche Entspannung auf dem Wohnungsmarkt
  • – ein Abbau der Warteliste am Wohnungsamt
  • – der Zugang zu Wohnungen für alle Wohnungssuchenden
  • – eine bunt gemischte Bewohnerstruktur zu gewährleisten (à Inklusion, Kapitel 8.9)

Die Stadt Gütersloh gründet zu diesem Zweck eine kommunale Wohnungsgesellschaft (→ Kapitel 4.5). Deren Aufgabe ist die Verwaltung des Wohnungsbestandes, der Kauf von Wohnungen aus dem Bestand der BImA und der Bau von eigenen Wohnimmobilien.

6.4. Wohn- und Betreuungsformen

In Gütersloh besteht aufgrund privater Investitionen ein Überangebot an stationären Pflegeplätzen. Und dies, obwohl immer mehr Menschen in ihrer gewohnten Umgebung oder in Wohngruppen zusammen leben möchten, in denen sie dann je nach Bedarf, Hilfe für den Haushalt oder die Pflege zukaufen können. Hier fehlen in Gütersloh die entsprechenden Rahmenbedingungen und eine zentrale Steuerung.

Wir setzen uns weiterhin für die Barrierefreiheit ein, denn diese ist für alle Altersgruppen mehr oder weniger nötig. Teilhabe, Selbstbestimmung und Barrierefreiheit im Alter sind unabdingbar.

Unterschiedliche Wohnformen finden in Gütersloh Berücksichtigung.

Formen des Wohnens für Menschen mit Beeinträchtigungen:

  • „Ambulant Betreutes Wohnen“: Unterstützung in der eigenen Wohnung mit Klientinnen und Klienten
  • „Stationäres Einzelwohnen“ in Wohn- oder Hausgemeinschaften
  • „Stationäres Wohnen“ in Wohngruppen
  • „Betreutes Wohnen in Gastfamilien“ in verschiedenen Pflegefamilien
  • „Tagesstrukturierende Beschäftigung“ im Rahmen von Einrichtungen

Das soziale Miteinander vor Ort, auch unter Einbeziehung von Pflegestützpunkten, wird gestärkt. Die Aufwertung und Anerkennung von Pflegearbeit und die Entlastung pflegender Angehöriger treiben wir voran.

6.5. Stadtteilentwicklung

Wir wollen ein Quartiersmanagement / eine Quartiersbetreuung insbesondere in den Stadtgebieten Nord, West und Innenstadt aber auch in Süd und Ost zur Aufwertung, Verbesserung und Stabilisierung der Lebensbedingungen und zur Aktivierung des sozialen Lebens in den Stadtteilen.

Die Quartiere bilden jeweils wichtige Zentren für Nahversorgung, Bildung, Gesundheit, Freizeit und nachbarschaftliches Zusammenleben in unserer Stadt. Ein großer Teil der Aufgaben der Quartiersbetreuung liegt in der Ansprache, Aktivierung und Beteiligung aller Bewohnerinnen und Bewohner im Quartier, insbesondere von denen, die von Teilhabe ausgeschlossen oder in der Teilhabe beeinträchtigt sind. Auch diese Personen sollen für die soziale und stadträumliche Weiterentwicklung des Quartiers gewonnen und aktiv in die Prozesse eingebunden werden.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Gütersloher Sozialräume nehmen durch das Quartiersmanagement aktiv an der sozialen und stadträumlichen Entwicklung in ihren Stadtvierteln teil.

Dies bedeutet konkret:

  • Mitwirkung in allen Handlungsfeldern des Quartiers, insbesondere in den Feldern Bildung, Gesundheit, Nachbarschaft
  • Initiierung, Planung, Begleitung und Auswertung von Projekten des „Sozialen Miteinanders“
  • Einbeziehung von Bewohnerinnen und Bewohner in Beteiligungsverfahren des Quartiers­managements, inklusive Gewinnung für die Mitarbeit in Stadtteilgremien (z. B. Präventionsrat, Quartiersrat)
  • Befähigung und Unterstützung von Bewohnerinnen und Bewohnern und entsprechender Initiativen zum Aufbau selbsttragender Strukturen
  • Mitarbeit in stadtteilbezogenen Netzwerken und Gremien (Präventionsrat u. a.)
  • Mitarbeit in Gremien des Quartiersmanagements (z. B. Steuerungsrunde, Quartiersrat)

Die Aufgaben des Quartiersmanagements sind also im Wesentlichen:

  • die Aufwertung, Verbesserung und Stabilisierung der Lebensbedingungen in den Quartieren
  • die Schaffung und Aufrechterhaltung stabiler Sozialstrukturen
  • die Aktivierung der Bewohnerschaft zur Beteiligung und Mitwirkung am Entwicklungsprozess des Gebietes
  • das Vernetzen der unterschiedlichen Interessengruppen und lokalen Akteure
  • der Auf- bzw. Ausbau von Kooperationen zwischen Institutionen, Initiativen, Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften u. a.
  • die Initiierung, der Aufbau und die Begleitung bei der Entwicklung von (Bürger-)Projekten aus den unterschiedlichsten sozialen, kulturellen und ökonomischen Handlungsfeldern sowie die Akquirierung von Dritt- bzw. Fördermitteln für diese Projekte
  • die Aktivierung des Stadtteillebens, Öffentlichkeitsarbeit, Imageverbesserung nach innen und außen

Die Einrichtung eines Quartiersmanagements soll die soziale Integration und das soziale Miteinander in den Stadtteilen und der Gesamtstadt verbessern.

6.6. Lokale Mitverantwortung beim Thema Arbeit

Für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist Erwerbsarbeit nicht nur wirtschaftliche Existenzgrundlage. Sie trägt wie Familienarbeit zur gesellschaftlichen Anerkennung und zum Selbstwertgefühl der Menschen bei.

Auch wenn die Möglichkeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf kommunaler Ebene begrenzt sind, nehmen wir unsere lokale Verantwortung bei der Schaffung und Vermittlung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen wahr.

Junge Menschen sollen beim Übergang von der Schule zum Beruf optimal begleitet werden Dabei werden sie von Übergangscoaches (à Kapitel 3.4), die an allen weiterführenden Schulen fortbestehen bzw. eingeführt sind, begleitet.

Die Stadt Gütersloh und ihre Tochterunternehmen müssen Vorreiter sein bei der Zurverfügungstellung von Ausbildungsplätzen. Ausbildung soll und muss dann aber auch zur regulären Beschäftigung führen.

Arbeitssuchenden soll eine Beschäftigungsmöglichkeit gegeben werden. Neben dem ersten Arbeitsmarkt muss die Stadt alle ihre zur Verfügung stehenden Möglichleiten ausschöpfen, Menschen in Arbeit zu bringen oder zu halten. Das gilt für arbeitslose Menschen und insbesondere auch für Menschen mit Beeinträchtigungen. Die Unterstützung von arbeitslosen Menschen kann dabei sowohl über die Einrichtung von Arbeitsplätzen im Rahmen des sozialen Arbeitsmarktes durch die Stadt Gütersloh und ihre Tochterunternehmen geschehen als auch durch die Unterstützung freier Träger in diesem Bereich. Diese Aufgabe gilt insbesondere vor dem Hintergrund eines sich in Zukunft weiter digitalisierenden Arbeitsmarktes.

Unser Leitbild ist die Förderung guter Arbeit und nicht die Alimentation von Arbeitslosigkeit. Unter guter Arbeit sind dabei nicht nur die Arbeitsbedingungen inkl. aller maßgeblichen Rahmenbedingungen wie Entlohnung, Arbeitszeiten usw. zu verstehen. Arbeitgeber tragen eine Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insbesondere dann, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Ost- oder Südosteuropa angeworben werden und damit einhergehend Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden, muss dieses zu menschenwürdigen Bedingungen passieren. Das in diesem Zusammenhang eingesetzte Mittel der Werkverträge unterliegt nicht der kommunalen Regelungskompetenz. Dennoch gibt es Handlungsoptionen für eine Kommune, die Bedingungen für diese Menschen hinsichtlich Arbeit und Entlohnung, Wohnsituation, Spracherwerb und Integration zu verbessern. Diesen Prozess wollen wir möglichst in Kooperation mit den beteiligten Unternehmen beschreiten. Sollte das nicht zum Erfolg führen, werden wir aber auch einseitig alle möglichen Schritte ergreifen. Es handelt sich hierbei nicht nur, aber insbesondere um die Situation in der Fleischindustrie. Unser Augenmerk werden wir allerdings auch andere Branchen richten.

6.7. Ehrenamt fördern

Ohne Vereinsarbeit und Ehrenamt funktioniert unsere Gesellschaft nicht.

Die Vereinsarbeit, z. B. im Sport, in der Kultur und auch im sozialen Bereich, ist ein starkes Bindeglied zwischen den Menschen in Gütersloh und verbindet die Stadtteile. Für das gesellschaftliche Miteinander und den Zusammenhalt einer Gemeinschaft ist das Ehrenamt sehr wichtig. Wir wollen diese Arbeit unterstützen und das Ehrenamt fördern. Das Ehrenamt darf jedoch kein Ersatz für die Erfüllung staatlicher Aufgaben sein.

6.8. Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe

Die Gleichberechtigung von Frauen und Männer in der Gesellschaft war schon immer ein wichtiges sozialdemokratisches Ziel und wird es immer bleiben. Unsere gesellschaftlichen Strukturen sind immer noch von Männern dominiert.

Auch heute sind es überwiegend Frauen, die aufgrund unflexibler Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder fehlender Betreuungsplätze oder aber auch aufgrund einer ganz bewussten Entscheidung nach der Geburt eines Kindes nicht wieder in den Beruf finden. Wir setzen uns für bedarfsgerechte Betreuungsmöglichkeiten in Kindergärten und Schulen (à Kapitel 2.1 und 3.2) ein und fordern hier, dass

flexible Öffnungszeiten der Kindergärten auch in den Randzeiten angeboten werden Eine Ergänzung um alternative Betreuungsformen wollen wir prüfen.

Auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen familienfreundlicher werden. So fordern wir, dass verstärkt

familiengerechte Arbeitszeiten eingerichtet werden.

Die ungleiche Einkommensverteilung bei Männern und Frauen trotz gleicher Leistung wollen wir nicht länger dulden.

Bei all diesen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen der Gleichstellung sehen wir die Kommune und ihrer Tochterunternehmen als Arbeitgeber in einer besonderen Verantwortung.

Konkrete Schritte wie flexible Arbeitszeiten, Fortschritte bei der Kinderbetreuung, die gleiche Bezahlung (equal pay) von Männern und Frauen und eine verstärkte Besetzung von Führungspositionen in der Verwaltung mit Frauen sind konkrete Maßnahmen, die in der Stadtverwaltung und den kommunalen Tochterunternehmen vorbildhaft umgesetzt werden müssen.

Zur Umsetzung gleichstellungspolitischer Maßnahmen in der Kommune unterstützt die SPD die Gleichstellungsstelle der Stadt und die von ihr eingerichteten Hilfseinrichtungen. Um die Förderung der Gleichstellung systematischer und planvoller anzugehen fordern wir die

Erarbeitung eines kommunalen Gleichstellungsplans mit festen und überprüfbaren Kennzahlen.

Die Kommunalpolitik ist ebenfalls in der Verantwortung, Gleichstellung konkret umzusetzen. Unterschiedliche Perspektiven der Geschlechter sollen gleichberechtigt in alle städtischen Entscheidungsprozesse eingebracht werden.

Ziel ist eine paritätische Besetzung aller städtischen Gremien.

6.9. Integration als Chance

Gütersloh ist bunt und vielfältig. Aus verschiedensten Regionen und den unterschiedlichsten Gründen sind Menschen seit den 60er Jahren nach Deutschland eingewandert. Dass Menschen aus 150 Herkunftsländern bei uns leben, arbeiten und hier ein Zuhause gefunden haben, ist eine große Bereicherung für unsere Stadt – ob im Arbeitsleben oder in der Kulturlandschaft, ob mit deutschem Pass oder ohne. Gerade die Kommune muss sich den vielfältigen Herausforderungen der Integrationspolitik stellen, um allen Bürgerinnen und Bürger die Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Integration begreifen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dabei als Chance! Wir nehmen die Anliegen des Integrationsrates auf und unterstützen ihn als gewählte Vertretung der Migrantinnen und Migranten. Wir setzen uns dafür ein, die im Rahmen der Landesgesetzgebung gegebenen Möglichkeiten für den Integrationsrat voll auszuschöpfen.

Die Sprache ist eines der wichtigsten Instrumente zur Teilhabe an der Gesellschaft und muss so früh wie möglich in Bildungsinstitutionen gefördert werden. Wir unterstützen weiter den Ausbau der Sprachangebote in Zusammenarbeit mit den Weiterbildungsträgern und Grundschulen vor Ort, die Kurse für die Eltern dieser Kinder durchführen – wenn es strukturell möglich ist, soll auch der muttersprachliche Unterricht angeboten und gefördert werden. Dafür ist es erforderlich, zusätzliche finanzielle Mittel z. B. für den Spracherwerb, für Schulsozialarbeit oder andere personelle Erfordernisse zur Verfügung zu stellen.

Schülerinnen und Schüler aus Einwandererfamilien, die gerade nach Deutschland gekommen sind, sollen möglichst nicht nur einer Schule oder gar Klasse zugeteilt werden. Denn diese Konzentrierung führt aufgrund fehlender Sprachkenntnisse zum einen dazu, dass man homogene leistungsschwache Lerngruppen schafft. Zum anderen ist diese Art des Lernens auch nicht der Integration dienlich, da Einwandererkinder so keinen oder nur wenig Kontakt zu anderen Kindern haben, die ihnen zum Beispiel beim Erlernen der deutschen Sprache eine Hilfe sein können. Wir wollen uns deshalb dafür einsetzen, dass diese

Kinder jeder Schule und dort auch verschiedenen Klassen zugeteilt werden, damit alle Schülerinnen und Schüler von dieser Form der Integration profitieren.

In Gütersloh leben viele Werkvertrags- und Leiharbeiterinnen und -arbeiter aus dem europäischen Raum, die die deutsche Sprache nicht beherrschen und wegen der Verständnisschwierigkeiten ihre Rechte nicht kennen und so auch nicht wahrnehmen können. Deshalb muss es für sie und für die hier dauerhaft lebenden Menschen mit Migrationshintergrund eine Anlaufstelle geben, bei der sie über komplexe Angelegenheiten aufgeklärt werden und ihnen bei Verständnisschwierigkeiten geholfen wird. Deswegen fordern wir zusätzlich zu bestehenden städtischen Angeboten die

dauerhafte Einrichtung und Finanzierung einer solchen Beratungsstelle für Werkvertrags- und Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter aus dem europäischen Raum außerhalb der Stadtverwaltung.

Diese soll die Werkvertrags- und Leiharbeiterinnen und -arbeiter u. a. vor unnötige und alle Betroffenen optimal über ihre Rechte aufklären. Sie soll auch integrationsfördernd wirken und diesen Menschen Integrationsmaßnahmen aufzeigen (z. B. Sprachkurse, Unterbringung der Kinder in der Kita, Unterstützung bei der Kommunikation mit der Schule usw.). Darüber hinaus soll sie bei arbeitsrechtlichen Problemen eine erste Anlaufstelle sein und bei weitergehendem Beratungsbedarf weitervermitteln.

In der kommunalen Verwaltung müssen die Kenntnisse im Bereich der kulturellen Bildung und Erziehung verstärkt werden. Dabei erwarten wir, dass mehr Menschen mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung chancengleich entsprechende Ausbildungs-, Einstellungs- und Beförderungs­chancen bekommen.

Auch in der Flüchtlingspolitik setzen wir uns für einen integrativen und modernen Ansatz ein. Das bedeutet für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, dass es keine zentralisierten Sammellösungen für Flüchtlinge geben darf und eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung (konsequente Arbeitsvermittlung, Bildungschancen, schnelle Verfahren etc.) garantiert sein müssen. Dies gebietet nicht nur die Solidarität mit den von Verfolgung und Krieg betroffenen Menschen, sondern auch der gesellschaftliche Frieden. Nur mit dezentralen Lösungen und einer guten Eingliederung in die Gesellschaft können Konflikte mit eventuellen Anwohnerinnen und Anwohnern vermieden werden.

Beunruhigend ist es für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, dass es in den letzten Jahren gewalttätige rechtsextreme Initiativen gab, die das vielfältige Zusammenleben in Gütersloh in Frage stellten. Gleichzeitig wissen wir, dass Menschenfeindlichkeit und antidemokratische Haltungen auch in der Mitte der Gütersloher Gesellschaft Anschluss finden können. Hierbei ist Rassismus nur eine Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, neben Homophobie, Sexismus etc. Wir stellen uns entschieden gegen alle Formen der Diskriminierung und wollen sie aktiv bekämpfen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Kampf gegen Rassismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit intensiver in Schulen behandelt werden, um auf einer breiten Basis gegen Menschenfeindlichkeit ankämpfen zu können (→ Kapitel 3.7).

Eine gute Möglichkeit, eine tolerante und kooperative Haltung aller Menschen im Umgang miteinander zu fördern, ist interkulturelles Training. In dem Maße, wie klar wird, was uns alle als Menschen immer verbindet, und mit welchen Handlungskompetenzen kulturellen Eigenarten gegenseitig respektvoll und offen begegnet werden kann, wird pauschaler Ablehnung entgegengewirkt.

Über die Zuständigkeiten nach dem Teilhabe- und Integrationsgesetz hinaus ist das gedeihliche Zusammenleben aller auch eine Aufgabe von allen und interkulturelle Kompetenz damit eine Schlüsselkompetenz im 21. Jahrhundert. Interkulturelles Training muss ein fester Bestandteil aller Betreuungsangebote, wie z. B. im offenen Ganztag, und eine kommunal geförderte Option für alle Gruppen im Gemeinwesen werden.

Für uns als Gütersloher SPD ist klar, dass unser Einsatz für Vielfalt und Demokratie auch in Zukunft gefragt sein wird. Die Zusammenarbeit mit Kulturvereinen und Initiativen, die sich für ein buntes, lebenswertes Gütersloh einsetzen, hat für uns weiterhin eine hohe Priorität. Es bleibt uns daher ein Hauptanliegen, mit allen Beteiligten Programme zu entwickeln, die in der Breite wirken: Für die Schulen, für die freie und städtische Jugendarbeit, für Sport- und Kulturvereine werden wir ein Partner und kommunalpolitischer Ansprechpartner sein, wenn es um die Förderung von Programmen für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit geht.

Bei der politischen Entscheidungsfindung müssen die Menschen in Gütersloh frühzeitig mitgenommen werden. Bürgerschaftliches Engagement muss in die politische Arbeit eingebunden sein und der Prozess nachvollziehbar gestaltet werden. Sachkundige Einwohnerinnen und Einwohner müssen verstärkt einbezogen werden. Dies gilt auch für den Seniorenbeirat und das Jugendparlament.