Ein Haushalt mit Schwerpunkten für Bildung, Wohnungsbau, Familien, Soziales und Klimaschutz

Volker Richter Bild: SPD Ratsfraktion

Haushaltsrede  2022 von Volker Richter:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Frau Lang,
meine Damen und Herren,

heute entscheiden wir über einen Haushalt, der erstmalig in der vollen Verantwortung des neuen Bürgermeisters, Herrn Morkes, vorgelegt wird. Im letzten Jahr war es ja noch so, dass Herr Morkes zum November 2020 seinen Amtsantritt als Bürgermeister hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die verwaltungsinternen Vorbereitungen zum Haushalt 2021 natürlich schon abgeschlossen. Dieses Jahr ist das anders.
Des Weiteren entscheiden wir heute über den letztmalig von Frau Lang als Kämmerin der Stadt Gütersloh verantworteten Haushalt.

Zum Abschied der Ersten Beigeordneten Frau Lang:

Lassen Sie mich deshalb, bevor ich auf den Haushalt selbst eingehe, ein paar Worte zum Ausscheiden von Frau Lang sagen.
Frau Lang gebührt der Dank des Rates, und auch ich bedanke mich im Namen der SPD-Fraktion für Ihre langjährige Tätigkeit in den Diensten der Stadt Gütersloh bei Ihnen, sehr geehrte Frau Lang.
Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen, dass es zwischen Ihnen und der SPD-Fraktion oft Differenzen gab. Diese Differenzen beruhten zum einen auf einer häufig zu vorsichtigen Einschätzung der Entwicklung des Haushaltes Ihrerseits. Regelmäßig war der Haushalt schlechter kalkuliert, als es dann eingetreten ist. Mit anderen Worten: Der Haushalt entwickelte sich deutlich positiver als erwartet.
Der Höhepunkt dieser Differenzen war vor vielen Jahren, als Sie uns als Rat eine sich abzeichnende Haushaltssicherung in Aussicht stellten. Heute, zweifelsohne im Nachhinein betrachtet, verfügt die Stadt Gütersloh stattdessen über den höchsten Rücklagenbestand ihrer Geschichte.
Dennoch war es in Ihrer Funktion als Kämmerin dieser Stadt richtig, Ihr Augenmerk auf die Sicherung der Finanzen zu legen. Unsere Position als SPD war und ist nie ein Umgang mit den finanziellen Ressourcen der Stadt im Sinne der von Ihnen beschriebenen Mentalität eines „alles ist möglich“. In unserer Funktion als politische Partei sehen wir die Kommune in vielen Bereichen für die Bürger*innen in der Pflicht für den Bereich der Daseinsvorsorge, natürlich unter Berücksichtigung einer soliden Finanzlage. Auch das Unterlassen von Investitionen ist wirtschaftlich gesehen aus unserer Sicht nicht immer rentabel, man sehe sich das Beispiel der jetzt notwendig, weil längst überfällig gewordenen Investitionen im Bereich der Schulen an.

Diese verschiedenen Betrachtungsweisen führten in der Vergangenheit zu Konflikten,  die wir jedoch oftmals konstruktiv, zumindest aber stets wertschätzend miteinander führten. Auch dafür möchten wir Ihnen danken.

Die Einnahmesituation des Haushaltsplanes 2022:

Lassen Sie mich nun zum Entwurf des Haushaltsplanes für das Jahr 2022 kommen. Ich nehme es vorweg: Wir werden dem Haushalt in der jetzt vorliegenden und vom Finanzausschuss beschlossenen Form zustimmen. Die SPD-Fraktion hat es sich bei dieser Entscheidung nicht einfach gemacht.

An dieser Stelle will ich mit der Einnahmesituation anfangen. Der Haushaltsplanentwurf sieht Anhebungen der Gewerbesteuer und der Grundsteuer A vor, die sich sehr maßvoll gestalten.
Bei der Grundsteuer B, also der Steuer, die alle Bürgerinnen und Bürger bezahlen, sei es als Eigentümer von selbst bewohnten Immobilien oder als Mieter, haben wir jedoch eine sehr massive Steigerung von 98 Prozentpunkten, also von gut 25 Prozent.
Das ist eine massive Erhöhung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Gütersloh. Und sie geht einher mit einer steigenden Inflationsrate, insbesondere getrieben durch den Anstieg bei den Energiekosten.
Gleichwohl haben die Gütersloherinnen und Gütersloher in den vergangenen Jahren davon profitiert, dass es seit 2012 keine Anhebung der Grundsteuer B gegeben hat. Die Fraktion der Grünen hatte im Jahr 2016 einmal den Antrag gestellt, eine Erhöhung durchzuführen.
Damals war die SPD-Fraktion dagegen. Dadurch haben die GütersloherInnen für mehrere Jahre keine erhöhte Grundsteuer bezahlen müssen. Nachteilig wirkt sich jetzt natürlich aus, dass der Sprung dann umso größer ist.
Wir halten die Erhöhung der Grundsteuer B in diesem Maße dennoch für erforderlich, sinnvoll und angemessen. Es geht hier nicht darum, dieses Geld irgendwo im Haushalt verschwinden zu lassen, sondern es geht vielmehr darum, sinnvolle und notwendige Investitionen in den nächsten Jahren zu finanzieren.
Von anderen Fraktionen war in der Diskussion bezüglich des Haushaltes 2022 des Öfteren zu hören, dass sie im Sinne der Finanzen der Stadt Gütersloh handeln.
Eine verantwortliche Haushaltspolitik und eine verantwortliche Kommunalpolitik handeln natürlich im Sinne der Finanzen der Stadt Gütersloh, deshalb werden wir dieser Steuererhöhung auch zustimmen.
Verantwortliche Politik heißt aber auch, im Lichte ordnungsgemäßer Finanzen Politik für die Menschen in Gütersloh zu betreiben, sowohl heute als auch auf die Zukunft gerichtet.

Notwendige Investitionen in den Bildungsbereich:

Allzu lange haben Investitionen in der Stadt Gütersloh in den vergangenen Jahren auf Eis gelegen. Wir arbeiten nun die Folgen dieser Versäumnisse auf. Insbesondere die von mir eingangs angeführten Investitionen im Bereich der Schulen sind hier ein prägnantes Beispiel.
Lassen Sie mich exemplarisch ein paar große Projekte nennen. Für die dritte Gesamtschule stehen über 14 Mio. € im Haushalt, für die Grundschule Heidewald stehen 6 1/4 Mio. € im Haushalt, ebenso werden über 2 Mio. € für das Projekt zukunftsfähige Schule im Haushalt veranschlagt. Mit Letzterem starten wir in ein Mammutprojekt.
Ebenso gibt es Investitionen, deren Notwendigkeit angesichts der Corona-Pandemie unseres Erachtens außer Frage stehen.
Ein Beispiel ist hier der Einbau von Luftreinigungsanlagen in Klassenräumen. Das geschieht zunächst einmal durch mobile Luftreinigungsanlagen, wird aber in den nächsten Jahren aufgrund von größerer Effektivität und vor dem Hintergrund des Klimaschutzes als fester Einbau erfolgen.

Derartige Investitionen sind unabdingbar. Nur so können wir gewährleisten, dass in möglichst hohem Maße Präsenzunterricht stattfinden kann, zumal wir uns sehr wahrscheinlich in diesem Herbst wieder mit steigenden Infektionszahlen konfrontiert sehen werden.

Allzu viele Schülerinnen und Schüler müssen die negativen Auswirkungen aufgrund von digitalem Unterricht derzeit ausbaden. Sie werden teilweise abgehängt. Wir dürfen und werden nicht zulassen, dass eine ganze SchülerInnengeneration auf der Strecke bleibt! Das Problem wird ja noch einmal verstärkt durch eine desaströse Schulpolitik der schwarz-gelben Landesregierung, die wenig bis nichts zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie geleistet hat. Wir stehen hier zur der Verantwortung, für die jungen Menschen in Gütersloh Politik zu betreiben.

Maßnahmen in der Kinder-, Jugend-, Bildungs- und Sozialpolitik:
Ebenso ist der neue Kinder- und Jugendförderplan ein starkes Signal der Wertschätzung der wichtigen Arbeit für junge Menschen in Gütersloh – auch und gerade nach zwei Jahren der Pandemie. Der neue Plan sichert und stärkt die gewachsenen Strukturen und er erweitert wichtige Bereiche der Jugendhilfe in unserer Stadt.

Wir stärken die Schulsozialarbeit erneut, wir erweitern die Jugendberufshilfe, wir stellen erstmals Streetworker ein und stärken die Jugendtreffs und die freien Träger. Diese personelle und strukturelle Stärkung bedeutet natürlich auch eine finanzielle Belastung für den Haushalt. Wir als SPD stehen zu 100 Prozent zu diesen Ausgaben.

Bedenklich stimmt uns im Bereich der Kinder und Jugendpolitik natürlich insbesondere die Tatsache, dass wir das Recht auf einen Kindergartenplatz in den letzten drei Jahren vor der Einschulung in der Stadt Gütersloh nach wie vor nicht erfüllen.
Dieses Problem hängt allerdings nicht mit Gründen verfügbarer Mittel im Haushalt zusammen, sondern vielmehr mit nicht verfügbaren Grundstücken oder Immobilien. Auch das Thema der Trägerfinanzierung, das wir als SPD schon oft angesprochen haben, wird demnächst noch einmal auf der Tagesordnung stehen.

Darüber hinaus kommen wir, wenn auch langsam, möglicherweise zu langsam, bei den Maßnahmen zur Integration der Menschen aus Ost- und Südosteuropa voran. Die ersten Schritte hin zu Wohnungskontrollen sind getan. Wir werden im Verlaufe des Jahres 2022 hierzu Berichte aus der Verwaltung bekommen. Hier arbeiten wir gegenüber anderen Kommunen Rückstände auf, die wir uns im Sinne der Menschen hier in Gütersloh nicht leisten können.

Zusammenfassend betrachtet sind aber in der Kinder-, Jugend-, Bildungs- und Sozialpolitik die richtigen Weichen gestellt.

Stärkung des Umwelt- und Klimaschutzes in der Stadt:

Kommen wir nun zum anderen großen Thema, mit dem sich Politik heutzutage zwingend beschäftigen muss. Das sind der Umwelt-, Natur- und vor allem der Klimaschutz.
Auch da sind die Weichen für die Zukunft richtig gestellt. Wir werden einen eigenen Geschäftsbereich mit diesem Schwerpunktthema gründen. Darüber hinaus wird der Bereich Klimaschutz in der Verwaltung auch personell aufgestockt, und wir erwarten und erhoffen uns davon eine schnellere Umsetzung der anstehenden Vorhaben.

Aus Zeitgründen möchte ich hier als Stichpunkte erwähnen: die bevorstehende Einführung des Schülertickets, die Umstellung auf alternative Antriebe beim Stadtbus Gütersloh oder den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden. Die Klimarelevanz städtischer Vorhaben wird zukünftig bei Beschlussfassungen stets geprüft werden.
Natürlich sind wir bei weitem noch nicht am Ziel. Es werden weitere Schritte folgen müssen.

Aber die Tendenz ist richtig, die Schwerpunkte sind richtig gesetzt. Es zeichnet sich ab, dass wir eine zukunftsorientierte Ausrichtung auch im Bereich Klimaschutz erlangen werden.

Aufgaben der Digitalisierung, der Wirtschaftsförderung und des Wohnungsbaus:

In diesem Haushalt stecken, wenn auch noch versteckt, die ersten konkreten Schritte der Smart City Gütersloh.
Die ersten Projekte sind definiert und angestoßen, jetzt erwarten die Bürgerinnen und Bürger spürbare Ergebnisse. Denn viele Menschen erleben Gütersloh und seine Verwaltung noch lange nicht als „smart“. Es ist kein Geheimnis, dass wir diese Einschätzung teilen. Als SPD-Fraktion werden wir uns im Digitalausschuss weiter für eine praxisnahe und transparente Umsetzung stark machen.

Im vergangenen Jahr haben wir die Concept-GT gegründet und dieser Gesellschaft neben der Wohnungsverwaltung auch die Wirtschaftsförderung übertragen.
Mit dem Innovationszentrum als Herzstück einer neuen Wirtschaftsförderung wollen wir Güterslohs Rückstand bei der Innovationskraft anpacken und einen Ort für Kreativität und Innovation schaffen. Wir glauben, dass dies ein spannender Prozess und eine gute Investition in die Zukunft ist.

Gleichzeitig gehen wir über die Concept-GT aktiv die Problematik nicht ausreichend vorhandenen bezahlbaren Wohnraums an. Durch privatwirtschaftliche Unternehmen kann und wird diese Aufgabe nicht allein gelöst werden. Wir haben uns in der Vergangenheit richtigerweise von der LEG als Wohnungsverwalter der Wohnungen im städtischen Bestand getrennt. Und wir haben gerade jetzt erst in Blankenhagen gesehen, welche Probleme mit privaten Wohnungsunternehmen entstehen können und häufig tatsächlich auch entstehen.

Auch hier sind wir sozialpolitisch auf dem richtigen Weg. Wir machen eine verantwortungsvolle Politik für die Gütersloher Bürgerinnen und Bürger.

Fazit:

Der Haushalt für das Jahr 2022 geht von der Tendenz her in die richtige Richtung. Gleichwohl wissen wir, dass wir bei weitem noch nicht am Ziel sind.
Schmerzlich ist zweifelsohne das Defizit, das im Haushalt ausgewiesen wird. Ob es tatsächlich in dieser Höhe eintreten wird, bleibt abzuwarten. Wir sind uns aber bewusst, dass es auf ein Defizit hinauslaufen wird.
Dennoch halten wir den Haushalt, so wie wir ihn jetzt zu beschließen gedenken, für richtig.
Es ist ein verantwortungsvoller Haushalt, der die notwendigen Interessen und Bedürfnisse der Gütersloher Bürgerinnen und Bürger in den Fokus stellt.
Dabei wird ein kleiner Teil des Defizits durch Steuererhöhungen und ein viel größerer Teil des Defizits durch die Entnahme aus der Ausgleichsrücklage finanziert.
Das halten wir für verantwortbar. Denn auch die Ausgleichsrücklage ist Geld, das am Ende des Tages den GütersloherInnen und der Stadt Gütersloh zur Verfügung steht.
Vor diesem Hintergrund werden wir dem Haushalt zustimmen.