Haushalt 2021: Weichenstellungen für Klimaschutz, Bildung, Wohnungsbau, Familien und Soziales.

Volker Richter Bild: SPD Ratsfraktion

Volker Richter zum Haushalt 2021:

Wir beschließen heute über den Haushalt der Stadt Gütersloh für das Jahr 2021. Es ist formal der erste Haushalt, der von dem neuen Bürgermeister Norbert Morkes vorgelegt wird. De facto ist es aber ein Haushalt, der eigentlich noch auf die Zeit vor der Kommunalwahl zurückgeht. Das Verfahren der Haushaltsaufstellung, der Anmeldung der einzelnen Positionen der jeweiligen Fachbereiche, beginnt im Frühjahr und ist zu dem Zeitpunkt, zu dem Norbert Morkes Bürgermeister wurde, längst abgeschlossen gewesen.
Insofern ist es formal der erste Haushalt des neuen Bürgermeisters, de facto aber wohl nicht.

Zum Verfahren der Haushaltsaufstellung

Dies sollten wir einleitend festhalten, wenn wir den Haushalt bewerten. Es ist ein Haushalt, der aus der Verwaltung heraus sehr stark geprägt worden ist. Es ist auch ein Haushalt, der zweifelsohne unter schwierigen Bedingungen in Zeiten von Corona, und ohne das Wissen darüber, das wir heute haben, aufgestellt worden ist.

Insofern gilt natürlich der Dank der SPD-Fraktion sowohl der Kämmerin als auch dem Fachbereich Finanzen, also allen dort Mitarbeitenden. Das möchte ich ausdrücklich hier festhalten.
Bei der Haushaltseinbringung haben wir von Frau Lang und auch dem Bürgermeister gehört, wie bedenklich und perspektivisch riskant doch die finanzielle Situation der Stadt Gütersloh sei.
Ja, es ist sicherlich Aufgabe der Kämmerin, auf Risiken hinzuweisen und vor Gefahren für die finanzielle Situation der Stadt Gütersloh zu warnen. Dennoch ist es ebenso Aufgabe der Kämmerin, ein möglichst realistisches Bild des Haushaltes vorzulegen.

Warum hebe ich das zu Beginn meiner Haushaltsrede so hervor?
Das ist ganz einfach. Ein all zu konservatives Herangehen an die Haushaltsplanung schränkt die Politik bei der Gestaltung der Entwicklung unserer Stadt maßgeblich ein. All zu oft haben wir in den letzten Jahren gesehen, dass sich Haushaltsverbesserungen im häufig zweistelligen Millionenbereich ergeben haben.

Ich gestehe Ihnen, Frau Lang, in diesem Jahr ausdrücklich zu, dass die Planung hinsichtlich der Gewerbesteuereinnahmen vor dem Hintergrund von Corona besonders schwierig war.
Man kann aber fast sagen, die Haushaltsverbesserungen sind in den vergangenen Jahren, also auch ohne Corona, so regelmäßig und verlässlich eingetreten wie das alljährliche Weihnachtsfest. Und das kommt ja auch nicht überraschend!
Eine Politik, die basierend auf diesen eher restriktiven Vorgaben den Haushalt berät und abwägt, welche Maßnahmen finanzierbar oder auch nicht finanzierbar sind, kommt immer wieder in die Problematik, dass sinnvolle und teils auch notwendige Projekte aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt werden.

Auch in diesem Haushalt ist es so wie in den vergangenen Jahren auch, allerdings mit einer kleinen, nicht ganz unwichtigen Änderung.
Haben wir in den letzten Jahren erst im Verlauf des Kalenderjahres erfahren, welche Verbesserungen sich ergeben, sehen wir jetzt schon in der Zeit zwischen Einbringung und Verabschiedung des Haushaltes, wie deutlich die Verbesserungen sind. Es gibt keinen Fehlbedarf im Haushalt 2021. 

Anforderungen an den Haushalt 2021

Die aktuelle Entwicklung ermöglicht es uns, wichtige Projekte noch mit in den Haushalt hineinzunehmen, ohne ein finanzielles Risiko für die Stadt Gütersloh einzugehen.
Wir haben uns als SPD-Fraktion intensiv Gedanken gemacht zu diesem Haushalt. Dabei sind wir zunächst natürlich von dem formulierten Fehlbedarf ausgegangen.
Für uns war es erst einmal wichtig, dass der Haushalt für die Stadt Gütersloh und die Entwicklung der Stadtgesellschaft eine positive Perspektive abbildet und alle erforderlichen Notwendigkeiten berücksichtigt.

In unserer Verantwortung liegt es, sowohl bei Klimaschutz einschließlich Mobilitätsentwicklung als auch bei der Bildungspolitik und der Entwicklung der jungen Generation in die Zukunft zu schauen.
Daneben war und ist es erforderlich, dass dieser Haushalt die Situation der Menschen in dieser Stadt berücksichtigt. Viele Menschen sind, bedingt durch die Corona-Pandemie, aber auch bedingt durch verschiedene andere Umstände, in Situationen geraten, in denen sie der Hilfe Dritter benötigen.

Insofern war und ist es für uns nicht nur wichtig, sondern unabdingbare Voraussetzung, dass der Haushalt ein ausgewogenes Verhältnis von Klimaschutz, Bildung und Sozialem enthält. Dabei darf es nicht um ein Entweder- Oder gehen, sondern es muss ein gesundes, ausgewogenes Miteinander, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen wichtigen Zielen geben.

Zu Klimaschutz und Mobilitätsentwicklung:

Lassen Sie mich nun auf die einzelnen Teilbereiche des Haushaltes eingehen und dabei mit dem Thema Klimaschutz und Mobilitätsentwicklung beginnen. Ein Thema, das in der Gesellschaft eine ganz wichtige Rolle spielt, quasi modern ist. Es ist aber nicht nur modern, es ist elementar wichtig für den Erhalt unseres Planeten, und auf dem liegt ja nun auch die Stadt Gütersloh.

Hier bringt der Haushalt, auch und insbesondere nach den politischen Beratungen, wichtige Dinge auf den Weg, so etwa den Arbeitsplan des integrierten Klimaschutzkonzeptes oder auch die Weiterentwicklung des Masterplans klimafreundliche Mobilität. Es gilt jetzt, diese Vorhaben auch in die Tat umzusetzen und unser Wort zu halten, wir werden die Umsetzung aktiv vorantreiben.

Ja, wir haben auch mehr als das gefordert und uns die unmittelbare Umsetzung des Schülertickets gewünscht. Hier ist zunächst eine Probephase vorgeschaltet worden. Damit können wir leben. Wir sind da auf dem richtigen Weg und werden junge Menschen an den ÖPNV und somit an alternative Mobilitätskonzepte heranführen.
Auch die Umstellung auf alternative Antriebe beim Stadtbus Gütersloh geht in die richtige Richtung. Die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie ist da der erste richtige Schritt.
Es gibt eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, regenerative Stromerzeugung, kommunale Förderprogramme, alternative Verkehrskonzepte, die alle zu erwähnen an dieser Stelle viel zu weit führen würde.
Zwischenfazit an dieser Stelle ist: Die Weichen für den Bereich Klimaschutz und Mobilität sind in unseren Augen richtig gestellt.

Ich will jedoch nicht verhehlen, dass es manchmal zwischen den Anforderungen des Klima- und Umweltschutzes und anderen elementaren Bedürfnissen der Menschen in Gütersloh Konfliktlinien gibt.
So haben wir zum Beispiel im Bereich der Mansergh Barracks – noch heißt dieses Quartier so – die Problematik, dass wir zur Errichtung von Wohnraum Bäume fällen müssen.
Ja, hier war es erforderlich, einen ausgewogenen Kompromiss zu finden.

Wir haben als SPD-Fraktion beantragt, für jeden gefällten Baum mindestens zwei neue Bäume zu pflanzen. Wir wissen, dass zwei junge Bäume nicht die Wirkung bezüglich CO2 haben, die ein alter Baum hat. Die Alternative wäre jetzt jedoch gewesen, auf die Errichtung von Wohnraum zu verzichten. Das wäre für all die Menschen, die in der Stadt Gütersloh Wohnraum suchen, und das zum Teil schon über Jahre hinweg, überhaupt nicht nachvollziehbar gewesen.
Inzwischen hat die Verwaltung angekündigt, dass auf benachbarten Flächen ein Wald mit 10.000 Bäumen angelegt werden wird.
Insofern ist für uns hier ein guter Kompromiss gefunden worden. Kompromiss heißt immer, dass die einzelnen Interessen nur teilweise berücksichtigt werden können. Die Weichenstellung ist richtig.

Zu Wohnungsbau und sozialer Integration:

Die Mansergh Barracks sind das erste große Projekt, das wir der jetzt neu zu gründenden Stadtentwicklungsgesellschaft übertragen.
Eine der wesentlichen Aufgaben dieser Stadtentwicklungsgesellschaft ist die Errichtung von bezahlbarem Wohnraum in der Stadt Gütersloh.
Das ist ein Arbeitsfeld, das viel zu lange brach gelegen hat. Seit Jahren liegt die Zahl der Wohnungssuchenden bei über 2000 Haushalten.

Es ist dringend Abhilfe erforderlich, und die Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft, basierend auf einem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, BFGT und der Linken, ist  der grundlegende Schritt, das Problem in den Griff zu bekommen.
Das Wohnraumproblem zu bewältigen ist eine elementare soziale Frage der nächsten Jahre! Das gilt sowohl für die Quantität, wie aber insbesondere für die Maßgabe, dass ausreichend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stehen muss.
Auch hier stellt der Haushalt die Weichen in die richtige Richtung.

Eine weitere soziale Frage stellt die Integration einer Vielzahl von Menschen aus Ost- und Südosteuropa in Gütersloh dar. Viele dieser Menschen leben in einer Parallelgesellschaft, Integration findet nicht statt, die Zustände beim Wohnraum sind teilweise sehr bedenklich.
Viele dieser Menschen planen jedoch, teils mangels Alternative bezüglich einer Arbeit in ihrem Heimatland, dauerhaft in unserer Stadt zu bleiben. Wir müssen sie zu Mitbürgerinnen und Mitbürgern machen.

Wenn uns das nicht gelingen sollte, wird es nicht nur Folgekosten verursachen, sondern es wird soziale Verwerfungen in unserer Stadt geben, möglicherweise in der zweiten Generation einhergehend mit einem erhöhten Aufwand bezüglich der Kosten von Arbeitslosigkeit, der Kosten für Hilfen zur Erziehung, möglicherweise auch den Folgen von Kriminalität. Abgesehen davon, ist es unsere menschliche Verantwortung, diese Menschen zu integrieren.

Der Ausschuss für Soziales, Familien und Senioren hat hier einen ersten Betrag in Höhe von 75.000 € in den Haushalt eingestellt, um Maßnahmen zur Integration umzusetzen. Einvernehmen gab es, dass bei Bedarf ein Nachtragshaushalt geschaffen werden sollte.
Hier gilt dann allerdings auch, dass wir die Unternehmen, die aus der Beschäftigung dieser Menschen Ertrag erzielen, an den gesellschaftlichen Folgekosten beteiligen möchten.
Ja, auch in diesem Bereich sind die Weichen in die richtige Richtung gestellt, auch wenn wir noch ziemlich am Anfang eines sicherlich langen und beschwerlichen Weges stehen.

Wir sollten und müssen aber auch bedenken, dass viele Menschen von der Corona-Pandemie, ich hatte eingangs schon darauf hingewiesen, betroffen sind.
Dabei geht es natürlich auch um finanzielle Einbußen, sei es bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sei es aber auch bei Gewerbetreibenden oder Kulturschaffenden.

Auch in dieser Hinsicht stellt der Haushalt die richtigen Weichen.
Wir haben dazu am vergangenen Montag die entsprechenden Beschlüsse im Hauptausschuss gefasst: Einen umfangreichen Katalog hinsichtlich der Maßnahmen für den so genannten Re-Start, also Maßnahmen zur Unterstützung der Gewerbetreibenden und auch der Kulturschaffenden.
Und wir haben dafür gesorgt, dass es finanzielle Ressourcen gibt, die es ermöglichen, dass noch möglichst viele Gewerbetreibende nach der Corona-Pandemie und dem daraus erfolgten Lockdown überhaupt noch existieren.

Wir haben aber auch z. B. die Eltern unterstützt, die durch den Lockdown Probleme hinsichtlich der Betreuung ihrer Kinder haben. Und wir sind diesen Eltern auch finanziell entgegenkommen, indem auf Kita-Beiträge oder OGS-Beiträge verzichtet worden ist. Da wäre es sicherlich schön, mehr machen zu können. Leider ist das Land NRW unter der schwarz-gelben Landesregierung hier aus der gemeinsamen Finanzierung ausgestiegen.

Zu den Aufgaben im Bildungsbereich:

Wir stehen als SPD auch für eine Zukunftsorientierung in diesem Bereich: Wir treiben den Ausbau an Kitaplätzen, der dringend nötig ist, deutlich voran. Mehr wäre sicherlich besser, aber es ist ein Einstieg. Und was das Thema Schule angeht, haben wir die erforderlichen, ja eigentlich überfälligen Schritte jetzt endlich eingeleitet.
Es gibt ein Schulbauprogramm für die nächsten Jahre in Höhe von über 70 Millionen €.

Es gibt die Maßnahme zur Grundschule Neißeweg. Wir hätten uns da einen weitergehenden Beschluss gewünscht. Dennoch ist es erst einmal richtig, hier ebenfalls einen zweistelligen Millionen Betrag in die Hand zu nehmen. Der Ausbau der Mensa an der Anne-Frank-Schule ist auf dem Weg gebracht.

Die Schulen werden endlich digital ausgestattet, ebenso die Schülerinnen und Schüler. Einige wichtige Fragen sind für uns hier allerdings noch nicht geklärt, nämlich die der Finanzierung der Tablets in finanziell belasteten Familien. Wir halten hier an unserer Forderung nach einem Solidaritätsfonds fest und sind gespannt, wie viele Elternhäuser der Stadt rückmelden, dass sie die Kosten nicht aufbringen können.

Insgesamt sehen wir den städtischen Haushalt hier aber auf dem richtigen Weg. Die Weichenstellung ist richtig, und es werden auch endlich Investitionen getätigt, die in den letzten Jahren versäumt wurden.

Zu den Aufgaben im Jugendbereich:

Die Pandemie trifft uns alle, aber gerade in den letzten Monaten trifft sie Kinder und Jugendliche ganz besonders. Die Probleme im Bildungsbereich habe ich bereits angesprochen, auch die Thematik der Kinderbetreuung in Pandemie-Zeiten.

Doch Kinder und Jugendliche brauchen mehr als gute Kitas und Schulen. Wir sind daher sehr froh darüber, dass wir mit diesem Haushalt Angebote für Kinder und Jugendliche in Gütersloh nachhaltig stärken. Wir bauen die Schulsozialarbeit weiter aus und erweitern das Angebot der Jugendberufshilfe auf die Realschulen. Bei beidem sind wir noch nicht am Ziel, aber als SPD-Fraktion werden uns für einen weiteren Ausbau dieser wichtigen Strukturen einsetzen. Die Umsetzung dieser ersten Beschlüsse begrüßen wir sehr.
Außerdem sichern wir mit der Förderung des „Queer-Treff“ im Freiraum 17 und dem Familien-Café „Kinderleicht“ zwei wertvolle Angebote von freien Trägern, bei denen Kinder und Jugendliche in unserer Stadt gestärkt werden. Nicht nur in der Pandemie ist uns das ein zentrales Anliegen.

Fazit:
Insofern lassen Sie mich unter dem Strich festhalten: Dieser Haushalt stellt, auch für die nächsten Jahre, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen von Klimaschutz, Bildung und Sozialem dar.

Das ist für uns eines der Hauptkriterien, um dem Haushalt zustimmen zu können.

Auch stellt der Haushalt in Teilbereichen die richtigen Weichen zum Thema Digitalisierung. Dazu gehört mit Sicherheit aber nicht die jetzt neu geschaffene Beigeordnetenstelle, die wir nach wie vor für überflüssig halten.

Dazu gehören z. B. aber die finanziellen Ressourcen, die bereitgestellt werden, damit innerhalb der Verwaltung der Digitalisierungsprozess voranschreitet, und ich nicht auf eine online-Anfrage bei der Stadt die Antwortmail bekomme: „Es meldet sich jemand von uns telefonisch.“

Auch beim Stellenplan gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die wir nicht nachvollziehen können.
Dazu gehört, dass von der schwarz-grünen Mehrheit eine elementar wichtige Stelle für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Gütersloh, nämlich die Stelle „Leitung Atemschutz“ bei der Feuerwehr, aus dem Stellenplan gestrichen worden ist. Über den Stellenplan haben wir jedoch an anderer Stelle beraten und beschlossen, und wir haben uns dementsprechend verhalten. Dazu ist alles gesagt.

Alles in allem überwiegt bei diesem Haushalt jedoch das Positive. Das hat uns als SPD-Fraktion dann auch zu der Entscheidung gebracht, dass wir diesem Haushalt zustimmen werden.