Matthis Haverland als SPD-Sprecher im Ausschuss für Digitalisierung, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing (ADWS) zu der „Digitalen Agenda“:
Drei Jahre nach dem „Digitalem Aufbruch“ beraten wir nun zum ersten Mal über eine „Digitale Agenda für Gütersloh“ und beginnen damit die Umsetzungsphase dieses Projekts. Das ist für uns als SPD-Fraktion auch eine Gelegenheit, ein Zwischenfazit des bisherigen Prozesses zu ziehen.
Zunächst dankt die SPD-Fraktion ausdrücklich den vielen Freiwilligen, die sich für das Projekt „Digitaler Aufbruch“ engagiert haben. Das Interesse vieler Teilnehmender zeigt, dass Ideen für mehr Innovation da sind, Ideen für mehr Digitales und letztendlich für ein lebendigeres Gütersloh. Wir möchten diese Ideen und diese Tatkraft stärken und sehen in der Digitalisierung große Chancen. Wenn Bürgerbeteiligung und passgenaue Projekte zu größerer Teilhabe und Nachhaltigkeit, zu Innovation und Initiative führen, entsteht ein echter „Digitaler Aufbruch“.
Die nun vorliegende Digitale Agenda hinterlässt jedoch kein Gefühl des Aufbruchs.
Die Ursachen dafür sind vielfältig und liegen bei weitem nicht bei der Corona-Pandemie allein. Viele Gütersloherinnen und Gütersloher konnten sich während des Projekts des Eindrucks nicht erwehren, dass der „Digitale Aufbruch“ zwar massiv beworben und mit vielen wohlklingenden Wortschöpfungen beschrieben wurde, dass für sie als Bürger*innen jedoch wenig Greifbares bleibt.
Auch heute besteht dieser zwiespältige Eindruck weiter fort. Und zwar nicht nur in der Bürgerschaft: Auch bei Ideengeber*innen und Stadtexpert*innen regt sich Unmut.
Die Lektüre der Digitalen Agenda hinterlässt dann auch mehr Fragen als Antworten.
Die Herausforderungen, Vision und Werte werden ausführlich formuliert, aber konkrete Ziele fehlen. Die Projektthemen wirken bisweilen beliebig, nicht zugeschnitten auf Gütersloh. Die Themenschärfe fehlt zudem: Liegt hier wirklich eine „digitale Agenda“ vor oder vielmehr eine allgemeine „Innovationsagenda“?
Es wurden „Denklabore“ gebildet, „Stadtexperten“ gesucht und „Morgenmacher“ ernannt. Die Expert*innen vermissen nun jedoch schmerzlich ihre Vorschläge und Ideen in der vorliegenden Digitalen Agenda. Das entspricht unserer Auffassung nach nicht der Idee der „Mitmachstadt“. Dass viele der ehrenamtlichen Mitwirkenden des Projekts demotiviert sind und sich zurückziehen, können wir nachempfinden.
Der Weg von der Projektidee zum Projekt bleibt vage.
Wie werden die vielen wertvollen Ideen aus der Stadtgesellschaft in die Umsetzung gebracht? Der Ausschuss für Digitalisierung, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing (ADWS) soll über die ersten Projektkandidaten entscheiden – auf der Basis der vorliegenden Entwürfe ist uns das jedoch nicht möglich. Die Projektskizzen sind teilweise dreizeilig oder wirken unvollständig. Einige Projektvorschläge beschreiben Projekte ohne existierende technologische Basis. Wir finden: Auch visionäre Projekte müssen zur Stadt und ihrer Situation passen und sie müssen dem Ausschuss so präsentiert werden, dass er eine informierte Entscheidung fällen kann.
Die Digitale Agenda im jetzigen Zustand begreifen wir daher als „Work in Progress“, nicht als finale, beschlussfähige Version, die den Weg zu einem digitaleren und nachhaltigeren Gütersloh klar aufzeigt. Gütersloh soll „Smart City“ werden und hat sich im Wettbewerb um entsprechende Fördermittel durchgesetzt – ein Erfolg, über den wir uns sehr freuen. Diese Chance müssen wir aber auch nutzen! Wir wollen die richtigen Prioritäten setzen, konkrete Projekte fördern, alle Menschen mitnehmen und vor allem endlich reale Ergebnisse sehen.
Wir freuen uns daher auf eine intensive Beratung!
Konkret: Unsere Fragen an den Ausschuss:
- Wie sind die nächsten Schritte für die Umsetzungsphase des digitalen Aufbruchs konkret geplant?
- Wann und wie wird der ADWS über konkrete Projektkandidaten entscheiden?
- Wie werden die Projektkandidaten, die dem Ausschuss vorgelegt werden, bestimmt?
- Wie viele Projekte werden pro Jahr beschlossen?
- Wie viel Budget wird es pro Jahr für die Realisierung von Projekten geben und wo wird es beschlossen?
- Unter welchen Voraussetzungen werden Pilotprojekte durchgeführt und dann „skaliert“?
- Wie werden die zahlreichen Beteiligten des Digitalen Aufbruchs (Stadtexpert*innen, Morgenmacher*innen etc.) in der Umsetzungsphase weiter einbezogen?
- Wieso finden sich so wenige Projekte aus den Denklaboren in der Digitalen Agenda?