Heimatverein: „Die Stadt Gütersloh muss jetzt mit ins Boot!“

„Das Haus soll keine Partydeele werden!“ – Siegfried Kornfeld

Treffpunkt „Alte Holtkämperei“. Es ist das älteste Ackerbürgerhaus von Isselhorst anno 1623. Den originalen Torbalken mit Inschrift gibt es nicht mehr – der letzte Besitzer schnitt ihn einst aus Zorn bei Nacht
und Nebel aus dem Gebäude. Er bleibt verschollen. Der Rest ist inzwischen wieder hergestellt. Der Heimatverein Isselhorst hat das Gebäude 1996 aus einem Dornröschenschlaf geweckt. Vereinsmitglied und Dipl. Ingenieur Ortwin Schwengelbeck hat 17 Jahre in Eigenleistung an seinem Meisterstück gearbeitet. Im Herbst sollen nun die ersten Räume bezogen werden. Und wie geht’s dann weiter? Um diese Frage zu erörtern trafen sich Siegfried Kornfeld vom Heimatverein Isselhorst und Matthias Trepper, SPD-Bürgermeisterkandidat und Geschäftsführer des Heimatvereins Gütersloh, zum Gespräch auf der Baustelle.

? Herr Trepper, wie viel Geld gibt die Stadt Gütersloh ihren Heimatvereinen pro Jahr?

Matthias Trepper: Der Heimatverein Gütersloh erhält 195.000 Euro pro Jahr. Damit wird aber insbesondere das Stadtmuseum und damit das Ensemble aus vier denkmalgeschützten Häusern sowie festangestelltes Personal finanziert. Der Heimatverein Spexard
hat von der Stadt Gütersloh das Spexarder Bauernhaus in Trägerschaft überlassen bekommen, verwaltet und nutzt es für die vielfältigsten Veranstaltungen, quasi auch als Bürgerzentrum.

Siegfried Kornfeld: Der Heimatverein Isselhorst erhält genau 904 Euro pro Jahr als Mietkostenzuschuss für das Heimatmuseum. Wir laufen Gefahr, in eine Neiddebatte zu rutschen, aber eine Ungerechtigkeit in der Verteilung der Gelder sehen wir schon.

? Verstehe ich das richtig – Sie brauchen also Geld?

Kornfeld: Ob wir die „Alte Holtkämperei“ langfristig bezahlen können, wissen wir noch nicht. Wir befinden uns in Vertragsverhandlungen mit dem Eigentümer und der Stadt Gütersloh. Unser Wunsch ist es, eine nachhaltige Lösung zu finden. Dass bedeutet aber, dass die Stadt bereit ist, mit ins Boot zu steigen.

? Klingt, als wenn der Heimatverein Isselhorst die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat?

Kornfeld: Auf keinen Fall. In die „Holtkämperei“ sind über den Heimatverein Isselhorst bis heute 40.000 Euro Spendengelder geflossen und unzählige Stunden handwerklicher Eigenleistung. Was wir jetzt benötigen ist die Bereitschaft, mögliche Risiken abzudecken. Was ist denn, wenn wir hier mal wieder einen Wasserschaden erleiden? Die Reparaturkosten könnte der Heimatverein unmöglich selbst bezahlen. Darum geht es.

Trepper: Dieses Bestreben unterstütze ich in vollem Umfang. Wir reden hier schließlich nicht über Millionenwerte und es muss möglich sein, dem Heimatverein Sicherheit im Risikofall zu gewähren, sonst zerreißt es den Verein und am Ende auch diese wichtige Arbeit. Ich sehe da aber auch durchaus Potential bei Sponsoren. Es gilt auch hier unser Netzwerk zu nutzen und alternative Finanzierungen hinzubekommen.

? Für diesen hübschen Veranstaltungsort ließen sich bestimmt weitere Sponsoren begeistern. Eine echte Bereicherung für Isselhorst!

Kornfeld: (lacht) Es soll keine Partydeele werden. Der Bauantrag schreibt eine Umnutzung für einen Museumsbetrieb vor…

? …heißt konkret was?

Kornfeld: Drei Räume werden wir für unser Archiv nutzen. Es wird damit erstmals öffentlich zugänglich sein. Der Rest wird für vereinseigene Veranstaltungen genutzt: Ausstellungen, Vorträge oder ähnliches.

? Herr Trepper, sehen Sie Synergieeffekte für den Heimatverein Gütersloh?

Trepper: Durchaus. Ich bin sehr dafür, bei Ausstellungen oder anderen Gelegenheiten zu kooperieren, sich auszutauschen und unter die Arme zu greifen.

? Vielleicht auch eine Notwendigkeit in Zeiten schrumpfender Mitgliederzahlen?

Kornfeld: Wir schaffen es seit einigen Jahren, die Zahl 270 recht konstant zu halten.

Trepper: Der Heimatverein Gütersloh liegt bei rund 360 Mitgliedern.
Tendenz leider eher fallend.

? Der Name „Heimatverein“ klingt wenig sexy. Ist vielleicht ein Imagewechsel notwendig, um junge Menschen für dieses Hobby zu begeistern?

Trepper: Wir haben zum Glück mit Matthias Borner einen kreativen Unterstützer gefunden. Er bietet neue interessante Perspektiven auf die Gütersloher Stadtgeschichte nicht zuletzt durch seine hervorragenden Stadtführungen und bedient unter anderem auch die Facebook-Gemeinde für den Heimatverein Gütersloh.

Kornfeld: Nun, wenn mir vor zwanzig Jahren jemand gesagt hätte, dass ich mal Vorsitzender des Heimatvereins Isselhorst werde, hätte ich das als Bedrohung empfunden. Man muss wohl eine gewisse Lebenserfahrung haben, um sich für seine Regionalgeschichte und seine eigene Herkunft als Bestandteil dieser Geschichte zu interessieren. Der Begriff „Heimat“ hat eine lange Geschichte mit sehr unterschiedlichen Bedeutungen. Derzeit wird er von vielen Menschen wieder neu entdeckt. Menschen fragen wieder ganz neu, was „Heimat“ für sie im 21. Jahrhundert bedeutet. Image entsteht durch das, was man macht. Dabei scheitern wir nicht so sehr an der Frage, was wir alles machen wollen, sondern eher an der Antwort, wer das alles leisten kann.

? Sie dehnen Ihre Aktivitäten aber gerade aus, oder wird das Heimatmuseum zugunsten der „Holtkämperei“ aufgegeben?

Kornfeld: Dieser Frage müssen wir uns sicher stellen. Eine abschließende Antwort werden wir aber nicht leichtfertig geben. Da wollen wir uns zum Beispiel mit dem Museumsamt des LWL beraten und eine Perspektivberatung in Anspruch nehmen. Und natürlich müssen wir unsere Mitglieder mit ins Boot nehmen, um eine einvernehmliche Lösung zu erarbeiten. Wir müssen aber auch klar sehen: Museum, der Ausstellungsraum des Großen Elmendörfer Fasses und die Holtkämperei, an drei verschiedenen Orten – das bindet Ressourcen. Aber wir machen jetzt eins nach dem anderen.

? Wann darf Isselhorst mit der Eröffnungsfeier für die „Alte Holtkämperei“ rechnen?

Kornfeld: Wir feiern, wenn wirklich alles fertig ist.

Das Gespräch führten Jeanette Salzmann und Maria Vornholt.