Seit 20 Jahren im Amt

von Ludger Osterkamp
Gütersloh. 1999 nahm das Bielefelder Meinungsforschungsinstitut Emnid eine Umfrage in Gütersloh vor. Die Frage lautete: "Können Sie mir bitte sagen, wer derzeit Bürgermeisterin in Gütersloh ist?" 68 Prozent wussten darauf die richtige Antwort.
68 Prozent? Maria Unger staunte damals über diesen Zweidrittel-Wert. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich in Gütersloh so bekannt bin", sagte die Bürgermeisterin. Vielleicht hat sie damals etwas bescheiden kokettiert, aber Fakt ist: Heute, 2014, würde man über eine solche Quote nur insofern staunen, weil sie überraschenderweise nicht nahe der 100 Prozent läge – es gibt niemanden in dieser Stadt, der auch nur annähernd über eine derartige Bekanntheit verfügt. Maria Unger ist populär, und sie ist das Gesicht Güterslohs.

Und das nun seit zwei Jahrzehnten. Vor 20 Jahren, am 4. November 1994 um 17.19 Uhr, sprach sie im Ratssaal diese Worte: "Ja, ich nehme die Wahl an." Die gebürtige Triererin, aufgewachsen in der Südeifel in dem Örtchen Dudeldorf-Ordorf, hatte sie sich gegen den Kandidaten der CDU, Gerhard Piepenbrock, behauptet und die zwei Jahrzehnte währende christdemokratische Phalanx durchbrochen. Damals, zu Zeiten der Doppelspitze in NRW, beschränkten sich ihre Aufgaben auf die ehrenamtliche Repräsentanz, Stadtdirektor Dr. Gerd Wixforth leitete die Verwaltung. Als das Land 1999 mit der Kommunalwahl die Doppelspitze abschaffte, änderte sich das: Unger triumphierte mit 54,92 Prozent über ihren CDU-Kontrahenten Dr. Jürgen Krämer und regiert seither im Hauptamt.

Heute zählt Maria Unger, die SPD-Bürgermeisterin im strukturell konservativen Gütersloh, zu den dienstältesten Amtsinhabern in Nordrhein-Westfalen. "Es gibt nicht viele in diesem Land, die derart durchregieren und auf einen solch langen Zeitraum zurückblicken können", bestätigt Martin Lehrer, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW. Das als Vertreterin einer Minderheitenpartei erreicht zu haben, halte er für doppelt bemerkenswert.
In der Geschichte Güterslohs gibt es nur zwei Bürgermeister, die länger im Amt waren: Emil Mangelsdorf (1874-1908) und Gustav Thummes (1908-1935). Nach dem Krieg kam niemand mehr an solche Zeiten heran, selbst Heinz Kollmeyer (1964-1979) nicht.
Im Kreis Gütersloh gibt es freilich jemanden, der sie übertrifft: Klaus Besser, Bürgermeister von Steinhagen. Der SPD-Politiker war 1994 zwei Tage vor Unger gewählt worden. Und: Er wird seinen Vorsprung wohl noch ausbauen. Während Ungers letzter Arbeitstag der 20. Oktober 2015 sein wird – die 62-Jährige hatte vor einem Jahr erklärt, nicht für eine weitere Wahlperiode zu kandidieren -, endet Bessers Amtszeit erst 2020.

Was die SPD sagt
Die Gütersloher SPD bezeichnete die 20 Jahre Maria Unger gestern als "Erfolgsgeschichte". Die Vertrauensbeweise der Gütersloher Bürger seien eng verbunden mit zahlreichen Erfolgen in ihrer Amtszeit: Das neue Theater, für das sie von Anfang an und gegen teils heftigen politischen Gegenwind gekämpft habe, die Entwicklung des Kolbeplatzes zu einem neuen innerstädtischen Zentrum, die Ansiedlung von Porta, aber auch die Gewerbeentwicklung wie die Beteiligung der Stadt am Ravenna Park in Halle seien Meilensteine, die unter maßgeblichem Einsatz von Unger entstanden seien.
"Und das Beeindruckende an alledem ist die Art und Weise, wie sie dies alles erreichen konnte: eine große Bürgernähe und ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen in Gütersloh sind Markenzeichen unserer Bürgermeisterin, die seit je her als ‚Mensch Maria‘ wahrgenommen wird", sagten Stadtverbandschef Matthias Trepper und Fraktionsvorsitzender Thomas Ostermann.

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Bürgermeisterwahl 1994: Maria Unger mit J. Jentsch, K. Schrader und F. Spratte (v.l.n.r.)
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Zum Jubiläum von Maria Unger gratulieren Matthias Trepper und Thomas Ostermann