Realistisch bleiben – weitsichtig handeln

Thomas Ostermann

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
meine sehr geehrten Damen und Herren.

•„In Buch und Bibliothek spiegeln sich Gesellschaft, Geist, Kultur unseres Kontinents in ihrer Vielheit und Einheit. Die Beziehungen der Menschen zu ihnen, die stete Erweiterung des Kreises der Interessenten und Interessen sind zugleich auch ein Gradmesser des Kulturniveaus und des jeweiligen Aufklärungsstandes der Gesellschaft … Ein neues menschliches und geistiges Interesse gab den Bibliotheken vor allem eine allgemeine, öffentliche Funktion, Ergebnis der zweiten Aufklärung, die bis heute nachwirkt und vielleicht zu Ende geht.“ (Zitat von Karl Bosl, aus „Schöne alte Bibliotheken“)
•Bildung kommt in unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle zu. Sie ist ein Mittel und wesentliche Voraussetzung zu einem selbstverantworteten Leben. Bildung bedeutet die Möglichkeit zu sozialer Teilhabe und Aufstieg, dies war in unserer Generation gegeben, und daraus erwächst Dankbarkeit und die Verpflichtung, dies auch für zukünftige Generationen zu ermöglichen.
In der Vorlage zum Bildungs-Ausschuss für den Wirtschaftsplan der Stadtbibliothek ist zu lesen: „Spätestens nach Ablauf des Jahres 2015 droht der Stadtbibliothek die Überschuldung sowie die Zahlungsunfähigkeit.“ Dies ist unvorstellbar in der Stadt Reinhard Mohns, der Stadt, die Büchern so viel zu verdanken hat, und aus diesem Grunde und weil wir den nachfolgenden Generationen die Möglichkeiten nicht verwehren wollen, die wir hatten, lehnen wir den Haushalt 2011 ab.
•Das Argument der ‚Streicher‘ und ‚Kürzer’ lautet immer gleich: „Das können wir uns nicht leisten.“ Aber unsere Stadt verfügt über ein neues Theater, das wir uns auch leisten können, und für das die SPD immer eingetreten ist. Also wenn Theater, dann auch Stadtbibliothek!

•Einsparungen sind unter bestimmten Rahmenbedingungen der Konjunktur- und Wirtschaftslage unvermeidbar und notwendig. Entscheidend ist aber nicht das „Ob“, sondern das „Wie“. Kaputtsparen darf nicht sein, genau das aber passiert, wenn die Stadtbibliothek mit den geplanten Kürzungen in die Zahlungsunfähigkeit getrieben wird.
•Finanzpolitik muss vorausschauend und weitsichtig sein, genau das tun wir als SPD, wenn wir 2015 in den Blick nehmen. In diesem Zusammenhang muss man auch auf die GTM verweisen, für die von der Plattform bis 2015 Finanzzusagen gegeben wurden, obwohl es noch viele offene Fragen gibt, während die Stadtbibliothek seit Jahrzehnten gut arbeitet.
•An dieser Stelle muss ein kurzer Rückblick auf den Haushalt 2010 erlaubt sein. Die SPD wurde als so genannter „finanzpolitische Traumtänzer“ dargestellt, weil wir den Haushalt im vergangenen Jahr stets optimistischer eingeschätzt haben. Heute kennen wir das Ergebnis: der Haushalt 2010 hat sich um 18,5 Mio. gegenüber dem Plan verbessert, das hätten selbst wir nicht erwartet.
•Für 2011 werden jetzt Verbesserungen von 8,8 Mio. angenommen, das ergibt insgesamt Verbesserungen für die Haushaltslage der Stadt von gut 27 Mio. im Verlauf eines Kalenderjahres. Das sind aber nicht die Ergebnisse des Sparens der Plattform, sondern kommt aus anderen Quellen. Also die Plattform darf sich hier nicht mit fremdem Federn schmücken
•Die SPD hat 2009, nach dem Gutachten von Rödl & Partner, das erste Konsolidierungspaket mit rd.12 Mio. und damit die Strukturverbesserung des städtischen Haushalts mitgetragen. Bei der notwendigen Konsolidierung für den Haushalt 2010 ergaben sich Einsparungen von gut 3 Mio. Davon hat die SPD über 90% mitgetragen. Aber nochmals: kein Vergleich zu den Verbesserungen insgesamt.
•Gerade die SPD weiß, was sparen bedeutet. Die Geschichte unserer Partei zeigt, dass viele Mitglieder ebenso wie Wähler unserer Partei zu der großen Bevölkerungsgruppe der so genannten „kleine Leute“ gehören. Diese Menschen, die wenig haben, wissen ganz genau, wie wichtig sparen ist, im Gegensatz zu vielen von denen, die nur davon reden
•Im Finanzausschuss wurde zuletzt erneut der Vorwurf gegen die SPD erhoben, wir würden „wieder ein Füllhorn öffnen“. Das ist völlig unredlich. Die SPD hat immer gesagt, das bestimmte Sparbeschlüsse, die in einer akuten Notlage und unter bestimmten Rahmenbedingungen ggf. unabwendbar sind, in besseren Zeiten wieder auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden müssen, das ist alles andere als ein geöffnetes Füllhorn, das ist politische Verantwortung.
•An dieser Stelle muss ich auch noch auf den Bericht der Gemeindeprüfanstalt hinweisen. Nach diesem Bericht erfüllt die Stadt Gütersloh ihre Aufgaben gut und effizient, und es gibt nichts, was verschwendet würde, im Gegensatz zu manchen direkten oder indirekten Unterstellungen und Vorwürfen von Seiten der Plattform. Der GPA- Bericht stellt ein gutes Leistungszeugnis für die Verwaltung dar, und das sollten wir alle realistisch erkennen und auch anerkennen.
In dem Bericht der GPA wird zudem auf den Aspekt einer im Landesvergleich zu niedrigen Gewerbesteuer hingewiesen, die unbedingt angepasst werden sollte. Was wäre, wenn diese Anpassung, wie von der SPD häufiger gefordert, schon früher getan worden wäre? Wären dann nicht manche Finanzprobleme der Stadt deutlich geringer ausgefallen?
•Positiv in diesem Haushalt sind wieder die hohen Investitionen im Bereich Bildung und Jugend in Höhe von 3,97 Mio. Euro. Aber gerade dann ist es widersinnig, bei Verbesserungen von über 27 Mio. die Bibliothek vor die Wand zu fahren
•Ein Wort möchte ich noch zu dem Gütersloher Bürgerhaushalt anmerken: Der Bürgerhaushalt ist ein Erfolg und hat viele wichtige Anstöße für die Diskussion der städtischen Finanzen gegeben. Der Bürgerhaushalt ist aber nicht nur eine neue und zusätzliche Form der Bürgerbeteiligung, sondern er bringt aber auch finanziell etwas. Der Bürgervorschlag zur Erhöhung der Vergnügungssteuer bringt im Jahr 300.000 Euro Mehreinnahmen für die Stadt, und das muss man in einen realistischen Vergleich zu den 70.000 Euro Kosten für das Verfahren stellen.
•Die SPD setzt sich für eine Politik ein, die die Voraussetzungen dafür schafft, dass es zu solchen Verbesserungen kommt, wie in diesem Haushalt zu erleben, das geht aber nur mit kreativen, selbstbewussten und aktiven Bürgern, die gerne hier am Ort leben, und dafür braucht man Leistungen in der Infrastruktur, die die Stadt vorhalten muss, und dafür braucht man auch ein Theater, aber genau so gut die Bibliothek
•Abschließend danke ich der Verwaltung und der Bürgermeisterin für die geleistete Arbeit zur Aufstellung und Beratung des Haushaltes 2011.