Auf dem Weg nach oben – Designierter NRW-Arbeitsminister Schneider beim SPD-Kreisparteitag

Kreis Gütersloh. Guntram Schneider hat die SPD in Nordrhein-Westfalen lange nicht „so geeint wie in den letzten Wochen“ gesehen. Der Bielefelder, DGB-Landesvorsitzender und, so der mit knapp 88 Prozent der abgegebenen Stimmen im Amt bestätigte SPD-Kreischef Hans Feuß, „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ der künftige Arbeitsminister, sprach sich auf dem SPD-Kreisparteitag in Verl klar für eine von der Landesvorsitzenden Hannelore Kraft angekündigte rot-grüne Minderheitsregierung aus.

„Das Land steht nicht gut da“, konstatierte Schneider vor den 104 Delegierten im „Deutschen Haus“. Die schwarz-gelbe Regierung müsse „ein Intermezzo in der Landesgeschichte sein“. Dass die SPD (nach gescheiterten Sondierungsgesprächen mit FDP und CDU) nun doch Regierungsverantwortung übernehmen wolle, sei für viele Sozialdemokraten ein „Befreiungserlebnis“. Doch: „Das wird nicht einfach.“ Denn, so Schneider: „Die eigentlichen Wahlgewinner sind die Grünen.“
Einfach werde das Regieren vor allem wegen der hohen Schuldenlast des Landes nicht, sagte Schneider. Dem designierten Minister zufolge will die SPD unter anderem nicht auf Kohlekraft verzichten, die AKW-Laufzeit nicht verlängern, die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst wieder herstellen, das Tariftreuegesetz wieder einführen, sich um die Kommunalfinanzen kümmern. Wichtig sei es den „Faktor Glaubwürdigkeit“ zu pflegen. Für Schneider ist es „müßig“, über die Dauer der Minderheitsregierung zu spekulieren, die jedenfalls keine (von der Linken) „geduldete“ sein solle. Aber: „Gerade in Zeiten wie diesen muss sich die SPD als Regierungspartei bewähren.“

Zuvor hatte Kreisvorsitzender Hans Feuß im Blick auf die nächste Kommunalwahl die innerparteiliche Bildungsarbeit als einen Schwerpunkt der für ihn dritten Amtsperiode ausgerufen. Die Ortsvereine müssten „miteinander und voneinander lernen“. Es müssten zudem Kontakte geknüpft und geeignete Kandidaten gefunden werden.
Wie Feuß gab auch Geschäftsführer Wolfgang Bölling zu bedenken, dass das Durchschnittsalter der Parteimitglieder, deren Zahl mit rund 1.400 „sehr konstant“ geblieben sei, steige und im Kreis derzeit bei 55 Jahren liege. Umso mehr gelte es, die Juso-Gruppen zu unterstützen.

20 Jungsozialisten seien anwesend, betonte deren Sprecher Dennis Selent. Man habe sich in den Wahlkämpfen stark engagiert. „Da, wo die Jusos sind, sind sie Zugpferd“, sagte Selent. „Nehmt eure Jusos ernst.“ Der Juso-Mann im Kreisvorstand, Niels Brockschnieder aus Langenberg, wurde ebenso als einer der Stellvertreter Hans Feuß’ wiedergewählt wie Fraktionsvorsitzende Ulla Ecks (Rietberg) und Ulrike Sommer (Halle). Mit 100 Ja-Stimmen erhielt Kassierer Thomas Krümpelmann aus Gütersloh die höchste Zustimmung.

Der neue, im Nordkreis gewählte Landtagsabgeordnete Georg Fortmeier kündigte nebenbei an, auch in Gütersloh ein Wahlkreisbüro zu eröffnen. Martin Goecke werde dort sein Mitarbeiter sein.
Nicht die von den Verfassern aus dem Ortsverein Gütersloh dringend erhoffte Weiterleitung an den Bundesparteitag im Herbst erfuhr der Antrag „Sozialdemokratische Grundsätze einer solidarischen Gesellschaft“. Auf acht Seiten setzen sie die Schreiber kritisch mit der Agenda 2010 auseinander. Klaus Brandner, MdB, einer der Verfechter der Agenda in der Regierung Schröder, würdigte zwar die „Unzahl von richtigen Anregungen“, warnte aber zugleich vor einer „inhaltlichen Festlegung auf so viele Details“ und wandte sich gegen die Auffassung, dass durch die Agenda die Arbeitslosenzahl nicht gesunken sei. Die Agenda sei im Übrigen „nie wie in Stein gemeißelt“, sondern Änderungen unterzogen gewesen. Brandner warnte vor „Wohlfühlbeschlüssen“.