
„Eure Rede aber sei: Ja, ja – nein, nein.“ (Matthäus 5, 37). Das meint, dass in schwierigen Zeiten klare und deutliche Worte angebracht sind. Und in diesem Sinne sagen wir in diesem Jahr „nein“ zum heute hier vorliegenden Haushalt. Dies tun wir keinesfalls leichtfertig oder aus Scheu vor der Verantwortung, wie uns immer wieder gerne unterstellt wird, sondern mit guten Gründen, die ich im Folgenden erläutern werde.
Zunächst einmal muss ich ein weiteres Nein formulieren, und zwar zu der immer wieder angeführten Legende, dass die SPD nicht sparen will. Dass in dieser Situation gespart werden muss, kann niemand in Abrede stellen, auch die SPD hat dies zu keinem Zeitpunkt getan. Unser Ziel ist ebenfalls ein ausgeglichener Haushalt, und wir haben fast alle Sparbeschlüsse mitgetragen. Ich erinnere hier nur an die Sparbeschlüsse zur Umwelt, zur Frauenförderung und z.T. auch im Bereich Jugend, die uns wahrhaftig nicht leichtgefallen sind. Dies gilt auch für die Kürzungen im Bereich der Bürgermeisterin, die bis zum Jahre 2015 ca. 350.000 Euro ausmachen. Im Bereich Sport, Kultur und Stadtmarketing haben wir ebenfalls Vorschläge gemacht, die aber nicht die Zustimmung der Mehrheit gefunden haben. Nicht dass gespart werden muss, ist also an dieser Stelle das Thema, sondern wie gespart werden sollte, ist strittig. Und dabei unterscheiden wir von der SPD uns in einem zentralen Punkt von der Mehrheit dieses Rates.
Für die Mehrheit dieses Rates sind weniger die Inhalte denn die reinen Zahlen das ausschlaggebende Argument, es wird gesagt, dass man auf der Grundlage der vorliegenden Zahlen gar nicht anders handeln könne, als in dem gegebenen Umfang Einsparungen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, diese Denkweise erinnert fatal an das TINA -Prinzip (there is no alternative), mit dem wir schon in den vergangenen Jahren nicht gut gefahren sind. Es gibt immer Alternativen, dies zu tun oder jenes zu lassen, sonst wären wir als Politik überflüssig und die Verwaltung würde das, was die angeblichen Sachzwänge fordern, ohne Weiteres umsetzen.
Diese Alternativen spiegeln die Grundsätze wider, nach denen eine Partei ihre Politik gestaltet. Und diese Grundsätze beinhalten für die SPD, dass immer die Menschen vor den Zahlen kommen, dass ein Haushalt nicht um seiner selbst willen ausgeglichen werden muss, sondern um den Menschen in einer Stadt ein gutes oder zumindest selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Und die erste Voraussetzung dafür ist, dass den jungen Menschen alle Möglichkeiten gegeben werden, ihre Fähigkeiten zu entdecken, zu entwickeln und einzusetzen, mit anderen Worten: Bildung.
In Sonntagsreden von Politikern aller Couleur wird immer wieder beschworen, dass man an Bildung nicht sparen dürfe, leider sieht die Realität oft anders aus. Aus diesem Grunde wollen wir als SPD hier in Gütersloh den Worten auch Taten folgen lassen und die Stadtbibliothek als zentrale Säule kommunaler Bildungspolitik so stark wie möglich machen und als Kommunikations- und Begegnungszentrum erhalten. Deshalb kann und darf in diesem Bereich nicht in einer so unverantwortlichen Weise gespart werden, wie es die bisherigen Beschlüsse zur Stadtbibliothek beinhalten. Eine solche Politik stößt das über viele Jahre in diesem Bereich geleistete Bürgerengagement zurück, vernichtet ideelle und materielle Werte und erhöht die Gefahr, dass junge Menschen abgehängt werden, die wir unerachtet ihres Anspruchs auf Teilhabe an unserer Gemeinschaft als gut ausgebildete Arbeitskräfte in Zukunft dringend benötigen werden.
Dabei geht es uns einerseits um die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, aber auch um die Entwicklung der Gesellschaft als Ganzer. Es ist kein Geheimnis, dass die nächsten Jahrzehnte von einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gekennzeichnet werden. Darum müssen wir alle Anstrengungen zur Qualifizierung jungen Menschen nutzen, die mindestens mit einem Schulabschluss und einer Berufsausbildung ins Arbeitsleben starten sollen. Dazu können, wollen und müssen wir auch hier in Gütersloh unseren Beitrag leisten, und dabei spielen die Bibliotheken eine wesentliche Rolle.
Im Finanzausschuss kam von Seiten der Grünen die Aussage, dass die Arbeit unserer Bibliothek im Lande einzigartig sei, und dann kam der Nachsatz: „Aber können wir uns das leisten?“ An dieser Stelle sagen wir ganz deutlich ja. Ja, wir sind stolz auf diese Einzigartigkeit, ja, das können und das wollen wir uns leisten, ja, denn das Motto der SPD lautet: Stadtbibliothek statt Stadtmarketing. Uns geht es darum, die Menschen zu stärken und die Zukunft zu sichern, und das eine geht nicht ohne das andere
Und es wäre auch möglich, diese von der Plattform geplanten Einsparungen zu vermeiden, ohne das Ziel der Verhinderung eines Haushaltssicherungskonzepts und auf längere Sicht eines ausgeglichenen Haushalts zu gefährden. Die neuesten Zahlen zum Haushalt sagen aus, dass wir im Bereich der Finanzbudgets schon für das Jahr 2010 eine Verbesserung von ca. 2,3 Millionen Euro haben werden. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus Einnahmeverbesserungen, auf die die SPD von Anfang an hingewiesen hat, die aber von der Plattform kaum zur Kenntnis genommen, geschweige denn angemessen kommentiert worden sind, weil sie dem TINA- Prinzip widersprechen und zeigen, dass es eben doch Alternativen zu dem als alternativlos vorgestellten Konzept gibt.
Auch die SPD möchte keinen Haushalt, der zu sehr auf Kante genäht ist, denn das könnte in der Zukunft zu Problemen führen, da die allgemeine Wirtschaftslage wirklich schwierig einzuschätzen ist. Was die SPD aber entschieden ablehnt, sind Puffer, die dadurch aufgefressen werden, dass Bundesgesetze, durch die die Wünsche bestimmter gut situierter Kreise erfüllt werden, von Berlin aus unseren Haushalt belasten. Und da ist es vielleicht ein Zufall, vielleicht aber auch eine höhere Logik, dass die Summe der Einsparungen im Bildungsbereich und bei der von der Mehrheit ebenfalls in Angriff genommen Reduzierung der Schutzziele bei der Feuerwehr, die wir im Sinne der Menschen in unserer Stadt ebenfalls entschieden ablehnen, in etwa dem entspricht, was die Stadt Gütersloh an Einnahmeausfällen durch das „Klientelbedienungsgesetz“ der neuen Bundesregierung verkraften muss, nämlich ca. 800.000 Euro.
Menschen stehen im Mittelpunkt unseres politischen Handelns, und deshalb gibt es einen weiteren wesentlichen Punkt, weswegen wir diesen Haushalt ablehnen. Die Mehrheit der Plattform hat durchgesetzt, dass bis zum Jahre 2015 das Personal der Stadt um 10% gekürzt werden soll, wobei diese Forderung nicht erkennen lässt, welche Aufgaben die Verwaltung denn dementsprechend zurückfahren soll. Auch hier wird wieder nur mit Zahlen operiert und es wird nicht auf die Menschen geachtet, die hinter diesen Zahlen stehen. Einer solchen pauschalen Personalkürzung und den damit unvermeidbar verbundenen betriebsbedingten Kündigungen kann die SPD nicht zustimmen, zumal wenn man sich die Aussagen zum demographischen Wandel in der Verwaltung vor Augen führt.
In naher Zukunft wird es dann nicht die Frage sein, wie man Personal entlässt, sondern wie man qualifiziertes Personal in ausreichender Anzahl gewinnen kann. Und da ist das Damoklesschwert der Kürzung um 10% mit Sicherheit kein Pluspunkt für die Attraktivität der Stadt Gütersloh. Dass im Personalbereich effektiv und effizient gearbeitet werden muss, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und wird im Übrigen der Verwaltung ja auch von unabhängigen Instanzen immer wieder bestätigt, aber eine gute Verwaltung gibt es nur mit motivierten Mitarbeitern, die eine berechenbare Perspektive haben müssen.
An dieser Stelle meiner Ausführungen möchte ich mich bei der Verwaltung für die in diesem Jahr besonders schwierige Aufstellung des Haushaltes bedanken. Auch wenn wir diesem Haushalt aus den genannten Gründen nicht zustimmen können, stellt niemand von uns die Ernsthaftigkeit in Frage, mit der von Seiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Fachbereichen und im Verwaltungsvorstand daran gearbeitet worden ist, einen verantwortlichen Haushalt zu erstellen.
Dieser Dank schließt ganz ausdrücklich die Bürgermeisterin ein, die es bereits zum zweiten Male geschafft hat, eine ausgesprochen schwierige Haushaltslage durch ein unaufgeregtes, aber dennoch entschlossenes Handeln zu meistern. Aus diesem Grunde fällt es uns wahrhaftig nicht leicht, einen Haushalt abzulehnen, dem die Bürgermeisterin zugestimmt hat. Einem Haushalt auf der Grundlage der Vorschläge der Verwaltung hätte die SPD zustimmen können, nicht aber den durch die Plattform in unnötiger Weise vorgenommen Verschärfungen. Hier kann auch mit einer weiteren Legende aufgeräumt werden, nämlich dass die Bürgermeisterin eine parteipolitische Brille trage, aber auch mit derjenigen, dass die SPD nur Erfüllungsgehilfe der Verwaltung sei, wie das manche meinen.
„Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein“, an dieser Stelle der Bergpredigt geht es auch darum, dass Menschen nicht mit einem Zuviel an rhetorischem Aufwand ein zu wenig an Substanz verbergen sollen. Für uns bedeutet das reine Verweisen auf die Zahlen ein zu wenig an Substanz. Wir werden uns weiter darum bemühen, dass in Gütersloh auf dem zentralen Bereich der Bildung genug an Substanz vorgehalten wird, um allen bei uns lebenden Menschen die Möglichkeit zur sinnvollen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft jetzt und in Zukunft zu ermöglichen. Wir hoffen, dass wir dann auch in Zukunft wieder einem Haushalt zustimmen können, der nicht mit „wütender Energie“ zu Stande gekommen ist, sondern mit Vernunft, Weitsicht und Augenmaß.