„Roter Stadtrundgang“ – Gütersloh mit anderen Augen betrachtet

Im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Roter Dienstag“ führte die SPD Gütersloh unter der kenntnisreichen Führung von Manfred Brinker einen „Roten Stadtrundgang“ durch. Hierbei wurden markante Punkte der Stadt Gütersloh einmal unter einer ganz anderen Perspektive betrachtet. So erfuhren die zahlreichen Teilnehmer, dass im Haus Berliner Straße 49, ehemals „Scheck in“, in den 20er Jahren im Gasthof Rammelkamp an jedem Montag im Rahmen der Arbeiterbildung Treffen zu verschiedenen Themen abgehalten wurden, wobei es z.B. einen Vortrag des Lehrers Struckmeier über die abendländische Philosophie zu hören gab.
In der Eickhoffstraße in der ehemaligen Gaststätte Gehle, auch als Bahnhofsgaststätte bekannt, gab es am 10. und 11. November 1918 Versammlungen der SPD mit Carl Severing, auf denen zur Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates aufgerufen wurde. So kam die Revolution am Ende des Kaiserreichs auch schon recht früh nach Gütersloh.
Hier fand am 26.02. 1933, also bereits nach der so genannten „Machtergreifung“, die letzte Jahreshauptversammlung der SPD vor ihrem Verbot statt. Hauptredner war der Reichstagsabgeordnete Carl Schreck. Den Inhalt seiner Rede überschrieb die „Volkswacht“ mit den Worten: „Die für die Freiheit kämpfen.“

Auf dem Berliner Platz führte Manfred Brinker aus, dass die SPD schon früh den Antrag stellte, den Wochenmarkt hierher zu verlegen, was damals noch als unmöglich galt. Realisiert werden konnte dieser Plan erst 1997. Der Wochenmarkt ist heute nicht mehr wegzudenken und macht die Innenstadt lebendig und attraktiv. Für die SPD ist dieser Platz auch mit Erinnerungen an Willy Brandt verbunden, denn dieser große Sozialdemokrat hielt hier im Rahmen seiner ersten Kanzlerkandidatur 1961, als Bundeskanzler 1971 und als Parteivorsitzender 1980 wichtige Reden.
Die Erinnerung an einen bedeutenden Gütersloher Sozialdemokraten hält die Johann-Severin-Straße wach. Johann Severin, geboren 1880, Ratsmitglied seit 1924, Betriebsrats- vorsitzender bei Greve & Güth, stand als „Sozialist reinsten Wassers“ immer unbeugsam für seine Überzeugungen ein, wofür er von den Nationalsozialisten zweimal verhaftet wurde. Nach dem Krieg war er von 1945 bis 1947 Mitglied des Stadtrates und wurde 1957 zum Stadtältesten ernannt.

Am neuen AWO-Gebäude in der Böhmer Straße endete der „Rote Stadtrundgang“ dann wieder in der Gegenwart, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten sich bei kühlen Getränken und leckeren Bratwürstchen beim „Roten Grill“ stärken und die vielen neuen Eindrücke erst einmal sacken lassen.