„Neues Vertrauen gewonnen“

Thomas Ostermann

Gütersloh. Er ist wieder da. Thomas Ostermann soll nach dem überraschenden Rückzug von Maik Birkholz von einigen Wochen neuer Vorsitzender des 380 Mitglieder zählenden SPD-Stadtverbands werden. Bei den Wahlen heute Abend im "Gütersloher Brauhaus" (Beginn 20 Uhr) ist er voraussichtlich der einzige Kandidat. Der 55-Jährige stand von 2002 bis 2004 schon einmal an der Spitze der Gütersloher Sozialdemokraten. NW-Redakteur Rainer Holzkamp sprach mit Ostermann über sein Comeback.

Herr Ostermann, vor vier Jahren haben Sie den Vorsitz abgegeben. Warum treten Sie jetzt wieder an?
THOMAS OSTERMANN: Damals habe ich bei einer wichtigen Abstimmung (Nominierung des Landtagskandidaten, d. Red.) nicht das Vertrauen der Delegierten erhalten. Nach meinem Verständnis sollte ein Vorsitzender dann zurücktreten. Durch den Rücktritt als Vorsitzender des Kreis- und Stadtverbandes sowie durch den Verzicht auf das Kreistagsmandat habe ich mir auch zeitliche Freiräume geschaffen.
Diese habe ich dazu genutzt, mich auf meine Arbeit als Ratsmitglied sowie in verschiedenen Parteigremien vor Ort zu konzentrieren. Ich denke, dass ich durch diese Arbeit so viel Vertrauen (wieder-)gewonnen habe, dass ich erneut für den Vorsitz kandidieren kann.

Gibt es nach dem Rückzug von Maik Birkholz bei der Gütersloher SPD möglicherweise einen Mangel an Kandidaten, insbesondere an Nachwuchstalenten?
OSTERMANN: Es gibt eine Reihe von denkbaren Kandidaten. Dass dazu auch junge Parteimitglieder gehören, kann man an der Arbeit und den Positionen erkennen, die die Gütersloher Jusos sowohl in der Stadt (s. den Leserbrief dazu in der NW vor einigen Wochen) als auch im Kreis leisten bzw. besetzen. Jedoch hat die Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass es wichtig ist, den jungen Parteimitgliedern auch die Zeit zu geben, beruflich Fuß zu fassen, damit sie auf dieser Grundlage umso engagierter und fundierter die Politik mitgestalten können.

Wo sehen Sie beim SPD-Stadtverband Handlungsbedarf?
OSTERMANN: Handlungsbedarf gibt es in der Öffentlichkeitsarbeit und der Begleitung und Unterstützung der Ratsfraktion. Außerdem muss die Aufgabenverteilung zwischen den Ortsvereinen und dem Stadtverband optimiert werden.

Bundesweit ist die SPD seit langem in einem Zustimmungstief. Wenn nächsten Sonntag Kommunalwahlen wären, auf wie viel Prozentpunkte käme wohl die Gütersloher SPD?
OSTERMANN: Auf der Grundlage der guten Arbeit der Ratsfraktion und natürlich auch der Bürgermeisterin sehe ich keine Gründe, warum die Partei ihr Ergebnis der letzten Kommunalwahl (32,1 Prozent, d. Red.) nicht zumindest halten könnte.

Die SPD-Ratsfraktion, der Sie auch angehören, ist in der zu Ende gehenden Wahlperiode vor allem durch Meckern über Schwarz-Grün aufgefallen. Wie kommt es, dass es nur wenige eigene Vorschläge gegeben hat?
OSTERMANN: Die SPD-Fraktion hat die Politik der schwarz-grünen Ratsmehrheit dort, wo es nötig war, kritisiert. Dies bezieht sich vor allem auf die sachlich nicht gerechtfertigte Ablehnung der Wiederwahl von Klaus Wigginghaus als Kämmerer, den sehr holprigen Start des Stadtmarketings, den Hinweis auf Effizienz und einen überlegten Mitteleinsatz bei den Projekten zum Klimaschutz.

Weiterhin hat die SPD-Fraktion eine Vielzahl von Anträgen formuliert, von denen ich nur diejenigen zur Gestaltung des demographischen Wandels, die vielfältigen Anträge zur Unterstützung von Familien und Kindern (Mittagessenszuschuss, Schulbuchfreiheit, Betreuung), den Antrag zur genaueren Aufschlüsselung der umgesetzten Investitionen, der die neuen Planungen maßgeblich mitbeeinflusst hat, sowie den Antrag zur Einhaltung der Sozialstandards erwähnen möchte.

Eines der wichtigsten Themen in Gütersloh wird für die nächste Zeit das Thema Einkaufszentrum bei Wellerdiek sein. Wie sieht Ihre Position dazu aus?
OSTERMANN: Das Thema Einkaufszentrum bietet eine große Chance für Gütersloh. Allerdings darf es nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung der Innenstadt gesehen werden und darf nicht dazu führen, dass dort andere Bereiche veröden. Die SPD wird diesen Prozess konstruktiv begleiten und darauf achten, dass alle legitimen Interessen dabei berücksichtigt werden.

Welche weiteren Hauptthemen sollte die SPD-Ratsfraktion angehen?
OSTERMANN: Die Fraktion wird die Frage nach der Struktur der Stadtwerke und der Zusammenarbeit mit Bielefeld in enger Abstimmung mit den Beschäftigten zu einem wesentlichen Thema ihrer Ratspolitik machen. Außerdem werden wir die Fragen des Lebens im Alter, des Aus- und Umbaus der Gütersloher Schulen, der Entwicklung eines integrativen Kulturkonzepts im Zusammenhang mit dem Neubau des Theaters sowie im Zuge der Innenstadtentwicklung die Frage nach der weiteren Gestaltung des Konrad-Adenauer-Platzes bearbeiten.

Was halten Sie von ihrem frisch gewählten CDU-Pendant, Raphael Tigges?
OSTERMANN: Herr Tigges ist ein Kommunalpolitiker, der gut auf die Gegebenheiten und die Menschen vor Ort eingehen kann. Er vertritt seine Ansichten begründet und klar, scheut keine Auseinandersetzungen, kann aber um der Sache willen auch sinnvolle Kompromisse schließen. Wir werden das Gespräch mit ihm suchen.

Zu Ihren Hobbys zählt Fußball: Dann haben Sie bestimmt auch einen Tipp, wer Europameister wird.
OSTERMANN: Aus vielen Gründen tippe ich auf Deutschland. Das ist eine wirklich gute Truppe, und Jogi Löw lässt ein interessantes System spielen. In unserer internen Tippliste im Gymnasium habe ich zehn Euro auf die Mannschaft gesetzt.