Baustopp für Altenheime

Gütersloh (rb). Möglichst lange selbstständig in der eigenen, barrierefrei hergerichteten Wohnung möchten alte Menschen leben, bei Bedarf von ambulanten Diensten unterstützt. Ein Platz im Heim scheint den meisten die letzte Lösung zu sein. So klang es auch in der SPD-Zukunftswerkstatt, die sich im „Brauhaus“ mit „Wohnen und Leben im Alter“ beschäftigte. Angesichts von mehr als 100 Besuchern registrierte Moderator und SPD-Kreisvorsitzender Hans Feuß eine „umwerfende Resonanz“.

Ein entsprechender Widerhall der Wohnform-Wünsche Älterer in der Gütersloher Politik und Verwaltung sowie bei neuen Altenheim-Bauherren wurde auf dem Podium durchweg vermisst. Wilhelm Krümpelmann, Vorsitzender des städtischen Seniorenbeirates, untermauerte dies mit Zahlen. So sei zu erwarten, dass die Zahl der 600 vorhandenen Seniorenheimplätze durch die geplanten Häuser am Nordring (97 Plätze), auf dem Vossengelände (135) sowie die Erweiterung bei Murken binnen kurzem um 50 Prozent auf etwa 900 steige.

Dem stünden zurzeit nur 46 Plätze in Wohngruppen gegenüber. „Das passt nicht zusammen“, sagte Krümpelmann („Keiner will gern ins Heim“). Er forderte, die Meinung der Bevölkerung zum Wohnen im Alter zu ermitteln und ein Konzept für die nächsten Jahrzehnte zu erstellen. Bis dahin empfahl er eine Art Baustopp für (öffentlich geförderte) Altenheimprojekte. Für das städtische Heim an der Kaiserstraße schlug Krümpelmann einen Umbau unter Einbeziehung des benachbarten ehemaligen Jugendzentrums vor. Denkbar sei eine Dreiteilung der Einrichtung in Heim- und Wohngruppenplätze sowie Altenwohnungen.

Auch Michael Buschsieweke, Leiter des Kolping-Altenpflegeseminars, und Peter-Christian König, Geschäftsführer des Heimbetreibers Evangelisches Johanneswerk (Katharina-Luther-Haus), fanden es eher bedenklich, weitere Heime in Gütersloh zu errichten. König stellte fest, „dass im Grunde die Zeit der großen Heime vorbei ist.“ Man müsse „das ganze System mal von den Betroffenen aus denken“.

Die Sozialarbeiterin und Autorin Theresia Brechmann riet nach Bielefelder Beispielen zu gemischten Wohngruppen, in die auch Jüngere einbezogen würden. Sie sprach von „Lebenslust“ auch im Alter und von Beobachtungen, die einen gewissen Zusammenhang zwischen der Demenzerkrankung und Vereinsamung nahe legten. In Gütersloh erkannte Brechmann im Übrigen „Missstände“ durch unzureichende öffentliche Beratung, etwa über zustehende finanzielle Hilfen. Wolfgang Lakämper, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Soziale Hilfen, wies die Kritik zurück.

Aber auch positive Aspekte wurden genannt. Michael Buschsieweke fand den Kreis Gütersloh bei den Tagespflegeplätzen im Vergleich etwa zu einer Großstadt wie Köln sehr gut dastehen. Und Bernd Meißnest, Ärztlicher Leiter der Gerontopsychiatrie in der LWL-Klinik, bezeichnete die Pflege-Ambulanz, die bundesweit einmalig gut ausgebaut sei, als einen „Schatz in dieser Region“.