„Die Landesregierung plant aus rein ideologischen Gründen eine Änderung der Gemeindeordnung in NRW, die für alle Kommunen zu Verschlechterungen führen wird. Durch die geplante Änderung des § 107 GO soll die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen und kommunalen Unternehmen massiv eingeschränkt werden. Dies würde langfristig die Daseinsvorsorge in den Bereichen Energie, Wasser, Entsorgung, Verkehr und Gesundheit für die Gütersloher Bürger gefährden, deshalb brauchen wir auch in dieser Frage ein Votum des Rates“, mit diesen Worten erläuterte die Fraktionsvorsitzende, Ingrid Tiedtke- Strandt, den SPD- Ratsantrag.
Die SPD hat beantragt, dass der Rat die von der Landesregierung geplante Änderung des §107 der Gemeindeordnung ablehnen soll, da bei einer Beschlussfassung der geplanten Einschränkungen für die kommunalwirtschaftliche Betätigung eine Schwächung ihrer kommunalen Unternehmen sowie eine Gefährdung der öffentlichen Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger in Gütersloh absehbar ist.
Nach der geplanten Änderung soll die Zulässigkeit der Betätigung kommunaler Unternehmen an einen dringenden öffentlichen Zweck gebunden werden. Eine solche enge Einschränkung gibt es in keiner anderen Landesverfassung. Zudem soll die wirtschaftliche Betätigung öffentlicher Unternehmen nur dann zulässig sein, wenn dieser dringende öffentliche Zweck nicht ebenso gut von privaten Unternehmen erfüllt werden kann. Diese verschärfte ‚Subsidiaritätsklausel’ eines ‚privat vor öffentlich’ würde dazu führen, dass kommunalen Unternehmen immer belegen müssten, eine Aufgabe besser als jedes andere private Unternehmen erfüllen zu können. Die Wettbewerbsbedingungen werden damit zulasten der öffentlichen Unternehmen verändert.
Die geplante Änderung des §107 GO entspricht der längst überholten Ideologie einer Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Wenn profitorientierte Konzerne die Versorgung mit Energie, Wasser und Verkehr in einer Kommune alleine bestimmen, dann werden die Bürgerinnen und Bürger über ihre Gebühren die Zeche zahlen müssen oder nicht- profitable Leistungen, etwa beim öffentlichen Nahverkehr, gar nicht erhalten.
Kommunale Unternehmen sind nicht nur ein bedeutender Arbeitgeber, sondern auch ein wichtiger Investor und Auftraggeber für das örtliche Handwerk. Nach einer Studie des Instituts für angewandte Innovationsforschung in Bochum haben allein die Stadtwerke in NRW mit Aufträgen von über ca. 1,4 Milliarden Euro an das Handwerk über 14.000 Arbeitsplätze im Mittelstand gesichert. Der Umsatzanteil, der von den Stadtwerken in NRW an das Handwerk vergeben wurde, lag 2005 bei über 23 v.H.
Dr. Siegfried Bethlehem, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke Gütersloh, bemerkte abschließend, dass die geplanten Einschränkungen für erfolgreiche kommunale Unternehmen wie die Stadtwerke oder auch das Klinikum jede Möglichkeit der Weiterentwicklung und Anpassung an veränderte Marktbedingungen verhindern werden. Offenbar sollen die öffentlichen Unternehmen langfristig abgeschafft und die Kommunen geschwächt werden. „Der Rat der Stadt Gütersloh sollte gegen eine Änderung des §107 GO das klare Zeichen setzen, dass die Kommunen öffentliche Aufgaben selbst wahrnehmen können und wettbewerbsfähig bleiben. Kommunen haben nur dann eine Zukunft, wenn sie sich – im Interesse der Bürger – wirtschaftlich betätigen,“ so Dr. Bethlehem abschließend.